Hersteller-Fahrevents sind immer was besonderes. Diverse Modelle zur Testauswahl, geführte Landstrassentouren und im Fall vom Triumph Media Day noch garniert mit einer Rennstrecke. Während ich bei Honda und BMW schon ein paar Mal in den Genuss kam, war die Einladung von Triumph neu für mich. So sattelte ich erwartungsvoll mein Pony und ritt über Autobahn und Landstrasse gen Oschersleben. Der Empfang vor Ort war schon mal passend, sowohl vom Hotelzimmer als auch von der Restaurantterasse konnte man den Blick auf die Rennstrecke geniessen, auf der am sonnigen Sonntagabend noch einige Tourenwagen ihre Runden absolvierte. Nach und nach trudelten sehr viele bekannte Gesichter ein, alte Print-Hasen und einige neumodische Internetschreiblinge wie ich. Mein Kumpel Thomas war auch dabei und hat bei sich im Blog schon seine Erfahrungen mit der neuen Speed Triple 1200RS sehr kurzweilig festgehalten.

Für den Media Day konnte man im Vorfeld auswählen, welche Motorräder man fahren und ob man nur Rennstrecke, Landstrasse oder beides fahren wollte. Meine Wahl war zweimal Landstrasse mit den Modellen Speed Triple 1200RS, Tiger 900 Rally Pro sowie Bonneville Bobber. Beim abendlichen Plausch mit Natalie und Uli von Triumph liess ich mich dann doch bequatschen, einmal Rennstrecke auszuprobieren. Auch wenn ich dafür mit meiner Textilkombi etwas underdressed war.

Am nächsten Morgen ging es nach der Begrüßung und Einweisung auf Rundstrecke oder Landstrasse los. Sprich: jeder schnappte sich ein Bike und sammelte sich hinter den Tourguides. Hier kam die erste Ernüchterung. Hatte ich zwar im Vorfeld die Bikes angeben können, die ich fahren wollte kam es jetzt nur drauf an, wer sein Handtuch zuerst auf die Pool-Liege gelegt hatte. Bzw. den Helm ans Motorrad gehängt. Und da waren die anderen Kolleg:innen schneller. So schaute ich mich um, welches Bike noch nicht belegt war und landete bei der Triumph Street Twin.

So ging es los auf die Landstrasse auf eine 180km-Ausfahrt durch den Harz.

Triumph Street Twin

So wenig ich die Street Twin auf den Zettel im Vorfeld hatte, so angenehm überrascht war ich von dem Motorrad. In ihrer klassischen Optik findet sie sicher in der Café Racer-Community schnelle Freunde, die Sitzhöhe von 765mm passt auch für kleinere Staturen. Ich fuhr sie nur kurz, aber für meine 182 Zentimeter wäre mit der Kniewinkel auf längeren Strecken zu klein.

Gut aussehen in der Schaukurve am Selkefall

Was mich aber sofort überzeugte, war der Motor. Die 65 PS Spitzenleistung bei 7.500 U/min mögen ob des Hubraums von 900ccm noch keinen in Erstaunen versetzen, aber die 80 Nm bei 3.800 U/min sind echt ne Wucht. Die drehmomentorientierte Auslegung des Motors macht so derbe Spaß beim Herausbeschleuningen aus Ortschaften oder Kurven, dass man sich auch hinter hubraumstärkeren Maschinen nicht verstecken muss. So fühlten sich Maschine und Fahrer in den Harzer Landstrassenkurven sehr wohl. Für die Größe der Maschine empfand ich das fahrfertige Gewicht von 216 kg auf dem Papier etwas viel, aber im Fahrbetrieb fiel das nicht weiter auf. Der Motor bellte sonor aus der 2-in-2-Auspuffanlage aus gebürstetem Edelstahl mit Doppelschalldämpfern, nicht aufdringlich, aber präsent. Ein sehr guter Einstand in den heutigen Fahrtag.

Triumph Rocket 3R

Beim ersten Zwischenhalt am Bergsee Selke wurden die Maschinen in der Gruppe teilweise getauscht. So ergatterte ich mir die Triumph Rocket3R. Eine erste Begegnung mit diesem beeindruckenden Motorrad hatte ich vor zwei Jahren schon mal, aber das beschränkte sich auf einmal aus der Hauptstadt herausbeschleunigen, umdrehen, und wieder zurückbeschleunigen. Gerade konnte sie, das wusste ich bereits. Aber wie passen ihr kurvenreiche Landstreckenpassagen? Das galt es herauszufinden.

Dreihundertzehn Kilo vollgetankt. Also das Motorrad, nicht der Fahrer.
89cm Lenkerbreite aus der Tachoperspektive

Erstmal entspanntes Einrollen. Mit einer schiffdieselartigen Gemütsruhe bollert der Dreizylinder unter mir vor sich hin. Einmal im sechsten Gang angekommen, besteht eigentlich keine Notwendigkeit, wieder runterzuschalten, es sei denn man rollt auf eine rote Ampel zu. Wenn man doch mal die Gangschaltung bemüht und auch mal zum Überholen ein, zwei Gänge heruntersteppt, sollte man über eine feinfühlige Gashand verfügen. Wenn man zu nassforsch am Kabel zieht, werden die Arme ganz schön lang, so vehement prescht die Maschine nach vorne. Vor allem die beeindruckenden 221 Newtonmeter Drehmoment, die bereits bei 4.000 U/min erreicht werden lassen hier gerne ihre Muskeln spielen.

Auf den Kurven zwischen Trautenstein, Tanne und Königshütte ging es nun ans Eingemachte, was das Radien zirkeln anging. Die Bereifung – der Vorderreifen bemisst 150/80 R17 V, der Hinterreifen beeindruckende 240/50 R16 V – stellen einen gewissen Initialwiderstand dar, möchte man das Motorrad in die Schräglage zwingen.

Beherztes Anwinkeln geht sowohl mit der großen Rocket 3 R…
… als auch mit der Rocket 3 GT, wie hier eindrucksvoll vorgeführt vom Kollegen Griesgram

Triumph gab dem Fahrer mit einem 889mm breiten Lenker aber auch ein Werkzeug in die Hand, entsprechende Hebelkräfte aufzubauen, um die Maschine in die Kurve zu zirkeln. Klaren und mit Nachdruck ausgeführten Anweisungen folgt die Maschine und mit der Zeit brachte es mir einen Heidenspaß, auf der Seitenflanke des Hinterradgummis die Biegungen zu durchmessen. So legte ich zunächst Wert darauf, einen möglichst sauberen Strich zu fahren als möglichst schnell durch die Kurve zu kommen. Und Kilometer für Kilometer verlor die Rocket gefühlt an Mächtigkeit und das Vertrauen in die Maschine wuchs.

Was mit der Zeit aber auch wuchs, war das Pieksen im Poppes. Ich hatte mittlerweile über 100km im Sattel der Rocket 3R verbracht und langsam wurde es ungemütlich, zumindest für meine Statur. Ein direkter Vergleich mit der Rocket 3 GT war mir leider nicht möglich. Auf den Bildern oben sehr ihr ja, dass die Fussrastenanlage der GT-Version im Vergleich zur R-Version vorverlegt ist. Vielleicht bringt das den entscheidenden Komfortvorteil auf längeren Strecken. Hier bringt der Bericht vom Kollegen Griesgram vielleicht Licht ins Dunkel (zu seinem Blog geht es hier lang).

Alles in allem bleibe ich bei meinem ersten Urteil über die Rocket 3: dieses Motorrad ist ein beeindruckendes Monument. Ein Manifest des Drehmoments. Es möchte überhaupt nicht vernünftig sein, dazu dienen andere Zweiräder. Und ich freue mich darüber, dass es dieses Motorrad gibt.

Bonneville Bobber

Viel klassischer gehts kaum!

Wir hatten gerade den Harz wieder hinter uns gelassen, da bot sich bei der letzten Biopause die Möglichkeit, auf die Bonneville Bobber umzusteigen. Auf den verbleibenden 30 Kilometern bis Oschersleben kann man sicherlich kein umfangreiches Testfazit formulieren, aber ein paar Dinge sind mir aufgefallen.

Von der optischen Erscheinung ist sie in der eh’ schon klassischen Bonneville-Reihe diejenige, die am meisten Retro-Optik bietet. Der Stahlrohr-Schleifenrahmen mit Starrrahmen-Anmutung ist schon sehr gut gemacht, die 2-in-2-Edelstahl-Abgasanlage mit Schalldämpfern aus gebürstetem Edelstahl sieht blendend aus. Allerdings hat sie mich vom Klang her enttäuscht, blechern rappelte es unter mir, was der Erscheinung der Bobber nicht gerecht wurde.

Die Sitzhöhe ist mit 690mm noch geringer als die 773mm bei der Rocket3. Die Sitzschale, unter der sich das Zentralfederbein mit Umlenkung verbirgt, lässt sich aber in der Höhe noch verstellen. Ich fühlte mich von der Sitzposition her etwa wie auf dem stillen Örtchen. War für den Moment ok, ob es auch für längere Strecken taugt, konnte ich nicht ergründen.

Der 1.200 cm³ Zweizylindermotor liefert in der HT-Variante in der Bobber 78 PS (57,5 kW) bei 6.100 U/min sowie 106 Nm bei 4.000 U/min. Vor allem das Drehmoment klingt erstmal gut, aber so derbe anreissen tut die Maschine nicht. Ein möglicher Grund mag der folgende sein: Obwohl das Bobber-Prinzip vorsieht, alles wegzulassen, was nicht absolut notwendigerweise am Motorrad dran sein muss, beträgt das fahrfertige Gewicht stolze 251 kg. Zum Vergleich: das sind gerade mal 50kg Unterscheid zum Dampfhammer Rocket 3. Oder ungefähr das Gewicht, was eine BMW R 1250 GS auf die Waage drückt. Mir fehlt gerade etwas die Phantasie, wo die Bobber die ganzen Pfunde versteckt.

Beim genaueren Hinsehen gab es Details am Motorrad, die ich für meinen Geschmack gerne anders hätte. Die serienmässigen Blinker sind mir viel zu überdimensioniert und wäre im Besitzfall durch kleinere Aftermarket-Lösungen zu ersetzen. Die Armaturen sehen sehr plastikmässig aus, Kupplungs- und Bremskabel werden mittels vier Gummischellen am Lenker befestigt, das geht in meinen Augen nicht mit dem optischen Gesamteindruck einher. Letzteres sind Details, aber stehen stellvertretend für die gemischten Gefühle, die dieses Motorrad beim mir hinterlässt.

Zurück in Oschersleben und nach der Mittagspause wartete meine Rennstreckenpremiere. Nach einem kurzen Briefing wurden wir in Gruppen von Rookie- bis Letzte-Rille-Fraktion Instruktoren zugeteilt. Zusammen mit einem anderen Kollegen sortierten wir uns in der Mitte ein und die Motorräder wurden ausgefasst. Unser Instruktor nahm eine Trident, mein Kollege und ich sattelten eine Street Triple RS, die Speed Triples waren schon in anderen Händen. Durch die Boxengasse enterten wir die Rennstrecke und machten uns vertraut mit dem Kurvengeschlängel.

Street Triple RS

Zugegeberweise war ich etwas nervös vor meinem ersten Rennstrecken-Stint. Der Instruktor vor mir forderte per Handzeichen klar zum Aufschliessen auf. In seinen Augen war ein akzeptabler Abstand nicht mehr als zwei Meter hinter seinem Hinterrad. Fürs Protokoll: ich fuhr zum ersten Mal auf einer mir unbekannten Rundstrecke hinter einem mir unbekannten Instruktor und ich sollte ihm enger auf die Pelle rücken als es bei einem ersten Date statthaft wäre.

In den Kurven und beim Herausbeschleunigen fand ich das noch ok, aber noch kannte ich keine Bremspunkte und wusste auch nicht, wie stark der Instruktor ankern würde. Ins Heck rauschen wollte ich ihm auf keinen Fall. Aber einer der Gründe, warum ich schnell Vertrauen fasste, lag im Motorrad unter mir. Erst nach ein, zwei Runden fiel mir auf, dass ich mich null mit dem Motorrad beschäftigen musste sondern voll auf Strecke, Linie, Brems- und Einlenkpunkte konzentrieren konnte. Mag sein, dass ich schon mal eine Street Triple mein Eigen nannte und ein gewisses Maß an Vertrautheit daher rühren könnte. Aber zwischen meiner 2009er Street Triple 675 R und der aktuellen 2021er Street Triple RS lagen nicht nur Jahre sondern Welten. Wir reden hier von 123 PS (90,5 kW) bei 11.750 U/min, 79 Nm bei 9.350 U/min und 166kg trocken. Ein Potential, das viel besser auf der Rennstrecke als auf der Landstrasse ausgereizt wird.

Touren-Textilkombi auf Abwegen
Blickführung geht!

Im Laufe der Runden schaltete und bremste ich später, drehte höher und fröhnte mehr Schräglage. Die Street Triple langweilte sich glaube ich immer noch, aber ich war bereits hoch euphorisiert. Unserem Instruktor konnte ich trotzdem null das Wasser reichen, er fuhr auf einer Trident 660 und wir kamen überhaupt nicht an ihn ran. Wieder ein sehr schöner Beweis dafür, dass der limitierende Faktor immer noch der Fahrer und nicht das Material ist.

Aber was für eine Rundstreckenwaffe war bitte die Street Triple? Ich hatte meine all die Jahre nicht artgerecht gehalten. Und die Enstehungsgeschichte des T-Cups, die Uli Bonsels uns im Podcast erzählte hatte machte voll Sinn. Obwohl dieses Motorrad auf der Landstrasse ein irres Potential hat, kann es dieses erst voll auf der Rundstrecke ausleben. Beschleunigung, Verzögerung, Einlenkpräzision, Handling, all das macht die Maschine so exzellent, dass eben der Effekt eintritt, den ich Anfangs beschrieb. Das Motorrad gibt Dir null Rätsel auf, passt von der ersten Kurve an und ermöglicht Dir maximale Konzentration auf das, was vor Dir liegt.

Und von der Art und Weise, wie uns die schnelleren Gruppen auf der Speed Triple 1200RS um die Ohren ballerten, erledigt die große Schwester diesen Job in versierter Hand noch um Welten besser. Aber das ist eine Erfahrung, die mir noch bevorsteht. Dann komme ich aber auch artgerecht gekleidet im Renneinteiler und nicht in der Textil-Tourenkombi.

Fazit

Auch wenn ich nur eins der drei Motorräder fahren konnte, die ich ursprünglich testen wollte, war dies ein sehr eindrucksvoller Fahrtag. Auf der Rennstrecke habe ich definitiv Blut geleckt. Und die Faszination Hinckley Dreizylinder hat mich wieder mal voll erwischt. Sehr gerne hätte ich die Speed Triple 1200 RS und die Tiger 900 Rally Pro noch ausgeführt. Gerade letztere wäre sowas von eine potentielle Nachfolgerin zu meiner BMW F800GS. Zumindest hat es noch für ein Foto gereicht:

TWNSPRK #11 – Thomas und Alex berichten über den Triumph Media Day

Am Tag nach dem Triumph Media Day interviewte Carina Thomas und mich, alle O-Töne und Eindrücke vom Triumph Media Day gibt es hier in Folge 11 des TwinSpark Motorrad Podcasts.

Bilder: Triumph Motorrad Deutschland