Seit Juli diesen Jahres bereisen Rolf und Joe auf zwei BMW R 1200 GSen die Welt, sie gaben ihre Jobs auf, ließen die Familien und Freunde zurück und starteten von Ihrem Heimatort München auf eine Reise durch 5 Kontinente, 15 Monaten und über ca. 70.000km. Um den Jahreswechsel lurchen die Jungs gerade durch Kambodscha und Thailand und ich konnte Rolf per E-Mail über den bisherigen Reiseverlauf interviewen, den sie unter „This World Ahead“ regelmäßig dokumentieren.
Reiseplanung This World Ahead
Rolf, ihr habt Euch über zwei Jahre auf diesen Trip vorbereitet, habt Eure Motorräder auf- und ausgerüstet, im Enduropark grobes Geläuf trainiert, Routen geplant und Visas beantragt. Jetzt müßte mehr als ein Drittel Eurer Reise hinter Euch liegen. Wie sehr unterscheiden sich Planung und Reisewirklichkeit voneinander?
Der größte Unterschied ist die mittlerweile eingekehrte Gelassenheit. Vor der Reise, also während des gesamten Planungsprozesses und vor allem kurz vor der Abfahrt haben wir uns viele Gedanken über etwaige Schwierigkeiten gemacht – seien es technische Probleme, Gefahren aller Art oder Ärgernisse mit den Behörden z.B. bei Grenzübertritten. Natürlich begegnen wir immer wieder kleineren Herausforderungen, doch nichts hat uns wirklich aus der Spur gebracht. Insofern war die ein oder andere Aufregung vorher unnötig.
Ansonsten verläuft unsere Reise tatsächlich nahezu so wie wir sie auch geplant haben. Wir sind daher auch ein wenig stolz auf unsere Vorbereitung. Lediglich hier in Südostasien nehmen wir uns aktuell ein wenig mehr Zeit als vorgesehen, einfach weil es zu schön hier ist. Aber eben genau die richtige Mischung aus Planung und Flexibilität macht diese Reise so wunderbar.
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Abreise in München
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Trans Fagaras in Rumänien
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Auf dem Tuz Gölü-Salzsee in der Türkei
Was war Euer Antrieb für diesen Trip? Welcher Aspekt steht für Euch im Vordergrund bei der Weltreise?
Das ist einfach: Wir beide reisen gerne, und wir fahren leidenschaftlich gerne Motorrad. Im Vordergrund steht dabei sicherlich das Entdecken fremder Länder und Kulturen, auch abseits der touristischen Wegpunkte. Dafür eignet sich das Motorrad perfekt: Mit kaum einem anderen Fortbewegungsmittel kann man so sehr in andere Länder eintauchen. Wir fahren bewusst aufs Land in Gegenden, die kaum von Touristen frequentiert werden. Dort halten wir gerne in Dörfern und nehmen Kontakt mit den Menschen auf. Das sind wunderbare, teilweise sehr prägende Erfahrungen.
Hattet Ihr bei Eurer Reiseplanung gewisse Fixpunkte im Kopf? Wie entstand Eure Route?
Das war ein langer und ebenso spannender Prozess. Zunächst haben wir Länder und Regionen gesammelt die wir gerne bereisen möchten. Im zweiten Schritt haben wir uns viel mit Klimatabellen beschäftigt, um beispielsweise nicht genau während des Monsuns in Südostasien zu sein. Zudem erschien es uns richtig zu Beginn weit zu fahren und Flüge erst mal zu vermeiden.
Als dann eine erste Linie sichtbar wurde ging es an die Formalitäten wie Einreise- und Zollbedingungen. Und zum Schluss haben wir gekürzt – wir können leider nicht alles auf einmal machen. Wir haben dabei bewusst Dinge weggelassen die sich als eigenes Projekt auch später noch bereisen lassen, z.B. Australien. Wir werden also auch nach dieser Weltreise wieder unterwegs sein.
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Service in Almaty, Kasachstan
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Unterwegs nach Kirgistan
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In den Bergen von Kirgistan
Wie genau könnt ihr Euch unterwegs an Eure Route halten? Gabe es gewollte oder ungewollte Abweichungen?
Im Prinzip haben wir keine exakte Route, wir wissen vorher lediglich in welcher Region wir zu einem ungefähren Zeitpunkt sein möchten. Die genaue Strecke und die Orte, in denen wir übernachten, legen wir eigentlich erst wenige Tage vorher fest. Dabei tauschen wir uns gerne auch mit Einheimischen aus, die kennen ihre Ecken ja am besten.
Eine größere Planänderung hatten wir bisher nur in Indien: Ursprünglich wollten wir dort mehr Zeit auf dem Motorrad verbringen und hatten angedacht bis nach Kalkutta ans Meer zu fahren. Doch die ersten drei Tage in der Provinz Bihar im Norden gingen uns regelrecht an die Nieren – unfassbar viel und aggressiver Verkehr, Lärm, und einfach zu viele Menschen auf einem Fleck. Es kam mindestens zweimal am Tag vor dass wir eine Stunde oder mehr für wenige Kilometer gebraucht haben. Das war frustrierend. Wir haben die Motorradetappen dann auf das Notwendigste gekürzt und sind auf nahezu direktem Weg nach Myanmar. Nach Delhi haben wir einen Abstecher mit dem Billigflieger gemacht.
Wie ist es mit der Versorgung für Mensch und Maschine unterwegs? Habt ihr Probleme mit Ersatzteilen oder Tankstellen? Wie stark musstet ihr bislang improvisieren?
Bisher klappt alles nahezu reibungslos. Man muss natürlich ein paar Dinge rechtzeitig organisieren, z.B. neue Reifen. Aber es lässt sich ja absehen wann der Gummi auf dem Zahnfleisch gehen wird, und wir bestellen dann vor.
Ansonsten gilt auch hier: Viel mit den Einheimischen sprechen! In Usbekistan z.B. gibt es kaum Tankstellen mit Benzin, da nahezu alle mit Erdgas fahren. Also frägst du eben die Bedienung im Restaurant, die kennt dann jemanden die jemanden kennt usw. Am nächsten Tag stehen dann 50 Liter Benzin in Plastikflaschen vor der Tür.
Für einige Regionen Afrikas erwarten wir durchaus schwierigere Bedingungen, aber ich denke wir bringen dann genug Erfahrung mit.
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In den Bergen von Kirgistan
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Passhöhe des China-Nepal-Friendship-Highway
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Lhasa, Tibet
Für Euren Trip vertraut Ihr auf den Klassiker, den Weltumrundungspanzer BMW R 1200 GS. Warum habt ihr Euch gerade für die BMW entschieden?
Wie deine liebevoll gewählte Bezeichnung schon sagt: Damit kommt man überall durch. Spaß beiseite – die große GS war eine sehr gute Wahl. Sie macht erstaunlich viel mit und bereitet uns dabei sehr viel Freude: Auf groben, steilen Schotterwegen, geschwungenen, auf 5000 Meter hohen Asphaltrouten im Himalaya und auch auf kurvenarmen Sitzfleisch-Etappen. Natürlich gab es bisher auch Situationen in denen wir uns für den Moment ein leichteres Gefährt gewünscht hätten, aber wir haben alle bisher gemeistert. Die GS ist ein Allrounder und damit für unsere Bedürfnisse auf dieser Reise perfekt.
Welche Highlights hattet ihr bisher auf Eurem Trip? Landschaft, Route, Begegnungen?
Es sind so viele. Die überwältigende Gastfreundschaft der Menschen im Iran. Die Einsamkeit der Berge Kirgistans. Die atemberaubende Landschaft und spirituelle Kultur Tibets. Das Lächeln in Myanmar. Das gemeinsame Unterwegssein mit anderen Überland-Reisenden. Diese Reise steckt voller Höhepunkte.
Was vermisst ihr am meisten momentan?
Familie und Freunde. Heimisches Essen – so lecker das hier alles ist, ab und an vermisse ich einen bayerischen Schweinsbraten. Und ja, manchmal auch die gemütliche Couch am Sonntagabend beim Tatort schauen. Auf so einer langen Reise bekommt man eine ganz wunderbare Wertschätzung für die selbstverständlichen und banalen Dinge zu Hause.
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Angkor Wat
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Begegnungen unterwegs
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Stilechte Flussüberquerung im Bayern-Trikot
Könnt ihr schon daran denken, irgendwann wieder in der Heimat anzukommen und wieder einem „normalen“ Bürojob nachzugehen?
Ehrlich gesagt denken wir derzeit gar nicht so viel darüber nach. Aber wenn, dann freuen wir uns darauf auch ein wenig; und ich glaube das ist auch richtig so. Denn so sehr wir das „Jetzt“ genießen, so schön ist es auch zu wissen dass man daheim gut aufgehoben ist und sich wohl fühlen wird, inklusive eines „gewöhnlichen“ Alltags. Wie der allerdings aussehen wird wissen wir noch überhaupt nicht. Eine so lange Reise verändert einen ja auch, und wer weiß was wir machen wollen wenn wir zurück sind. Das ist im Übrigen ein unschätzbar gutes Gefühl.
Rolf, vielen Dank für das Interview!
Wie ihr dem Titel des Artikels entnehmen könnt, soll dies nur der erste Teil des Interviews sein. Wenn es klappt, machen wir nach der Südamerika-Durchquerung und nach der Heimkehr der beiden noch zwei weitere Interviews. Das letzte dann gerne bei Schweinsbraten und Bier in München.
Unter http://thisworldahead.com/ und auf der Facebook-Seite https://www.facebook.com/ThisWorldAhead könnt ihr die weitere Reise der beiden mitverfolgen.
Foto-Credits: Rolf Lange, Joe Dannemann, Reinhard Schneider (und dank an Akki!)