Motorradblog über Benzinkultur, Motorradtouren und Custombikes

Chasing Lost Places in Berlin und Brandenburg – Südosten

Vor zwei Jahren unternahm ich meine erste Lost Places Tour im Nordosten Berlins. Das Rumstöbern nach alten Gemäuern hat mir sehr viel Spaß gemacht und da es genug passende Objekte rund um Berlin gibt, habe ich eine zweite Auflage geplant, die mich diesmal in den Südosten von Berlin führen sollte.

Die Route beginnt in Wenzlow kurz hinter dem Autobahndreieck Spreeau, erreichbar über die Ausfahrt Friedersdorf. Lustige Ortsnamen wie Philadelphia und Neu Boston säumen den Weg durch den Landkreis Oder-Spree bis zu unserem ersten Tourstopp.

Bugker Sahara

Kurz hinter Storkow liegt das Dorf Bugk. Wenn man hier vor dem Gebäude der örtlichen freiwilligen Feuerwehr rechts abbiegt und ein paar hundert Meter dem Feldweg folgt, erreicht man die Bugker Sahara – ein sehr nährstoffarmes und trockenes Sandgebiet, welches sich östlich von Bugk bis an den großen Wucksee erstreckt. Offene Sandflächen sind in Deutschland selten geworden, da sie meistens über die Jahre aufgeforstet wurden. Rund um die Bugker Sahara führt ein Wanderweg, viele Hinweistafeln erklären die örtliche Flora und Fauna.

Aber da wir heute zum Motorrad fahren und nicht zum wandern da sind, geht es nach ein paar Drohnenaufnahmen gleich weiter zum nächsten Stopp. Die Landstrasse schlängelt sich um Seen und durch Alleen bis Lieberose, ich war ganz überrascht, so eine abwechslungsreiche Strecke hatte ich hier gar nicht erwartet.

Lieberoser Wüste

Die Lieberoser Wüste ist eine rund fünf Quadratkilometer große sandige Offenfläche innerhalb der Lieberoser Heide. Sie ist damit die größte Wüste Deutschlands. In Mitteleuropa dürfte sie ansonsten wohl nur von der noch ausgedehnteren polnischen Błędów-Wüste übertroffen werden. Entstanden durch einen großen Waldbrand im Jahr 1942, war sie später Kern des sowjetischen Truppenübungsplatzes Lieberose.

An der B168 ist ein Wanderparkplatz, von dem aus man in ein paar hundert Metern den Generalshügel erreichen kann. Im Oktober 1970 fand hier das sogenannten „Manöver Waffenbrüderschaft“ des Warschauer Vertrages mit ca. 50.000 Soldaten statt. Um gute Sicht für ihre Befehlshaber zu schaffen, legte die Sowjetarmee diesen ca. 7m hohen Hügel mitsamt Beobachtungsbunker und Aussichtsplattform an. Von hier aus sollen dann die Politiker Breschnew, Ulbricht und Honecker die Manöver beobachtet haben.

Durch die ständige Nutzung mit schwerem militärischen Gerät blieb das Gelände dauerhaft offen und entwickelte sich zu einer so genannten Panzerwüste. Nach der Deutschen Wiedervereinigung und dem endgültigen Abzug der Gruppe der Sowjetischen Streitkräfte in Deutschland blieb das Gelände seit 1994 weitgehend sich selbst überlassen und ist nun Teil des Naturschutzgebiets Lieberoser Endmoräne. 

Weiter Richtung Süden geht es um Cottbus herum und anhand der zweisprachigen Beschilderung merkt man, dass man nun in sorbischem Gebiet unterwegs ist.

Rakotzbrücke

Den südlichen Wendepunkt der Tour markiert die die Rakotzbrücke im Azaleen- und Rhododendronpark Kromlau. Erbaut wurde die 19,80 m freispannende Bogenbrücke zwischen 1866 und 1875 vom Rittergutsbesitzer Herrmann Friedrich Roetschke. Am Park ist ein großer Parkplatz- sogar mit extra Stellflächen für Motorräder – von dem man nach ca. 200m durch den Park die Rakotzbrücke erreicht.

Voll instagrammable, oder? Die stark einsturzgefährdete Brücke wurde im Zeitraum 2018 bis 2021 grundlegend saniert und restauriert, entsprechend war die nur eingerüstet und ohne Wasser im Teich zu sehen. Na wie gut, dass ich erst jetzt da war. Die Brücke ist übrigens in den Filmen „Der Zauberlehrling“ sowie „Matrix Resurrections“ zu sehen.

Ab hier hiess es dann erstmal Strecke machen Richtung Nordwesten. Bis Luckau war das leider etwas eintönig auf meist gerade aus führenden Landes- und Bundesstrassen. Aber dann wurde es wieder kurzweiliger bis zum nächsten Stopp in Teupitz.

Wasserturm Landesirrenanstalt Teupitz

Der Wasserturm befindet sich auf dem von 1905 bis 1908 für Geisteskranke erbauten Anstaltsgelände, später als Landesirrenanstalt Teupitz bekannt. Der Wasserturm mit seinen beidseitigen Zeitmessern gilt als Landmarke, befindet sich in einem äußerst schlechten Zustand. Das gesamte Gelände ist abgesperrt und nicht zugänglich. Den Wasserturm sieht man aber von der Buchholzer Strasse aus.

Eine Tourpause machen kann man auf jeden Fall am Seeufer des Teupitzer Sees. Die Strasse um den See herum fährt sich auf jeden Fall sehr beschwingt.

Haus der Offiziere, Zossen

Als das nationalsozialistische Deutschland 1945 besiegt war, wurde Wünsdorf zum Standort des Oberkommandos der Sowjet-Streitkräfte Deutschlands. 35.000 Sowjets waren in Wünsdorf stationiert, und sie verwandelten den Ort zu einer in sich funktionierenden Stadt um: Neu erbaute Geschäfte, Theater, Brotfabriken, Schulen und ein Krankenhaus ermöglichten ein selbstständiges sowjetisches Städtchen in Brandenburg. Selbst eine Eisenbahnlinie direkt nach Moskau wurde gebaut.

Den Beinamen „verbotene Stadt“ erhielt Wünsdorf, weil den meisten Deutschen der Zugang zu dem Ort bis zum Abzug der Russen 1994 verwehrt blieb. Die 600 Hektar große Militärstadt wurde ummauert und streng bewacht. Neben den Russen hatten lediglich circa 1.000 DDR-Bürger, die dort arbeiteten und über einen speziellen Ausweis verfügten, Zugang.

Das Haus der Offiziere war zunächst Militärturnanstalt, später Heeressportschule. Mehr Informationen und Bilder findet ihr z.B. in diesem Artikel. Besichtigungen sind auch möglich, Termine dazu können beim Hausmeister ausgemacht werden, der begegnete mir nämlich als ich vor dem Tor herumlungerte. Wenn einer von Euch Interesse daran hat, schreibt mich gerne an, ich gebe Euch dann die Kontaktdaten.

Flugplatz Sperenberg

Das Gelände des späteren Flugplatzes gehörte ursprünglich zur Heeresversuchsanstalt Kummersdorf, wo bereits von 1870 an militärische Mittel auf ihre Nutzbarkeit untersucht und geprüft wurden. Bis zum Zweiten Weltkrieg war hier eine Ausbildungsstelle der Eisenbahnpioniere.

Nach Ende des Zweiten Weltkrieges wurde die umfangreiche Nutzung des Geländes weitgehend eingestellt. In den 1950er-Jahren war die Sowjetarmee auf der Suche nach einem Flugplatz zur ausschließlich militärischen Nutzung. Nach intensivem Streit mit der DDR um die Finanzierung wurde schließlich ab 1958 auf dem Areal von der DDR ein Flugplatz errichtet, nachdem die Einigung auf Teilung der Kosten erzielt war. Es galt den bereits bestehenden, größeren Flughafen Berlin-Schönefeld vom militärischen Luftverkehr zu entlasten und ausschließlich zivil zu nutzen.

Der Förderverein Museum Kummersdorf bietet Führungen auf dem Gelände an, Termine könnt ihr auf deren Website einsehen. Ein paar Bilder könnt ihr auch hier auf Komoot sehen.

Flugplatz Rangsdorf

Der nächste Flugplatz auf der Runde liegt in Rangsdorf. Er entstand 1935–1936 als Wasser- und Landflughafen für den zivilen Luftsport, dem eine Flugschule und das Betriebsgelände der Bücker Flugzeugbau angegliedert waren.

Bücker Werke Rangsdorf (Quelle Wikipedia)

Ab 1939 offiziell durch die Luftwaffe genutzt, war das Gelände 1945–1994 von den Sowjetischen Luftstreitkräften belegt. Teile des Areals werden heute privat und als Schule mit Internat genutzt, Hallen und Flugfeld sollen in den kommenden Jahren im Rahmen eines Konversionsprojektes in einen neuen Ortsteil mit Wohnungen, sozialen Einrichtungen und Freizeiteinrichtungen verwandelt werden.

Da sich auf meiner Runde ein Gewitter anbahnte, habe ich mir dieses Stopp geklemmt und konnte keine Bilder machen. Auf dem Google Maps Eintrag zum Flugplatz gibt es aber sehr viele, schaut da mal rein.

Tourabschluss im 45 Über Null

Zugegebenermassen ist das 45 ÜberNull kein Lost Place, sondern ein sehr schöner Start- oder Zielpunkt für Touren in den Berliner Süden. Und da wir auf der Runde noch zu wenig Flugplätze hatten, bot sich dieser Stopp direkt neben dem Flughafen BER einfach an. Direkt in der Einflugschneise gelegen, kommen hier nicht nur Plane-Spotter auf ihre Kosten. Auch für Motorradfahrer ist man gut gerüstet mit großer Parkfläche, Unterlegscheiben für den Seitenständer gibt es als Service dazu.

Die Route

Hier findet ihr den Gesamtüberblick über die gefahrene Route. Die Gesamtlänge beträgt 345km, mit An- und Abfahrt aus dem Berliner Norden hatte ich am Tagesende 450km auf der Uhr. Wem das für eine Tagestour zu viel ist, der kann auch Abkürzen und die Rakotzbrücke weglassen, der Stopp verlängert die Tour um ca. 100km . Unter https://kurv.gr/NAHSK könnt ihr Euch die Route für Euer Navi herunterladen, die Kurzfassung ohne Rakotzbrücke findet ihr unter https://kurv.gr/fc3bb, die kommt auf 237km und führt Euch schön durch den Spreewald.


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  1. Tanja Neumann

    Hallo und guten Morgen,
    ich bin soeben auf dein faszinierenden Artikel gestoßen.
    Da ich übernächste Woche in der Nähe von Berlin bin, würde ich mir sehr gern das Haus der Offiziere und die Umgebung anschauen.
    Es wäre nett wenn damit die Tel. von dem Hausmeister senden könntest.
    Ich habe es schon über die Bücherstadt versucht – aber das ist aussichtslos.
    Ich bedanke mich schon mal im Voraus

    LG
    Tanja aus Thüringen

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