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Schlagwort: Livewire

EICMA 2025: Neuigkeiten von der Elektrofraktion

Das Thema Elektromobilität war in Mailand allgegenwärtig. Vom erschwinglichen E-Scooter bis zum Hightech-Crossover reichte das Spektrum. Und erstmals wirkt das elektrische Angebot erwachsen, differenziert – und breit genug, um tatsächlich verschiedene Fahrertypen anzusprechen.

Zero Motorcycles – neue Basis, neuer Chef, neuer Fokus

Für Zero beginnt ein neues Kapitel. Der amerikanische Hersteller verlagert seinen Hauptsitz von Kalifornien in die Niederlande. Entwicklung und Design bleiben in den USA, Montage, Vertrieb und Service werden künftig in Europa angesiedelt. Damit rückt der größte E-Motorradmarkt der Welt näher an das Unternehmen heran. Gleichzeitig hat mit Pierre-Martin Bos ein neuer CEO übernommen, der zuvor für Renault und Peugeot tätig war.

Auf der Messe zeigte Zero den LS1, den ersten Elektroroller der Marke. Mit 8,4 kW Spitzenleistung erreicht der Roller rund 100 km/h. Zwei 3-kWh-Akkus sind serienmäßig, ein dritter kann ergänzt werden, um die Reichweite auf bis zu 173 Kilometer zu erhöhen. Geladen wird an der Haushaltssteckdose, auf Wunsch auch mit Schnellladegerät. Praktisch ist das Stauraumkonzept: Unter der Sitzbank passen zwei Helme, die Batterien lassen sich zum Laden entnehmen. Das Gewicht liegt bei 132 Kilogramm, der Preis bei rund 5.200 Euro. Damit positioniert sich der LS1 im Segment der B196-tauglichen Stadtroller – mit mehr Reichweite als die meisten Wettbewerber.

Zero Lompico Concept Bike

Parallel dazu präsentierte Zero das Lompico Concept, eine futuristische Studie mit dem neuen Betriebssystem Cypher 4. Es verbindet Fahrzeugdiagnose, Navigation, Sicherheitsfunktionen und Fahrmodi in einem System. Technisch liefert der Lompico rund 30 kW Spitzenleistung und 40 PS, lädt in unter einer Stunde auf 80 Prozent und zeigt, wie Software künftig auch im Motorradbau wichtiger wird.

LiveWire – Spaßfaktor im Kleinformat

LiveWire, die Elektromarke von Harley-Davidson, hat auf der EICMA gleich zwei neue Modelle gezeigt, die unterschiedlicher kaum sein könnten. Beide markieren wichtige Schritte, um die Marke breiter aufzustellen – weg vom reinen Performance-Fokus der LiveWire One und S2 Del Mar, hin zu einem alltagstauglicheren, jüngeren Angebot.

Das S4 Honcho ist ein kompaktes, A1- und B196-taugliches Elektromotorrad, das optisch an Kultbikes wie die Honda Monkey oder den Zoomer erinnert. Es ist klein, wendig und bewusst verspielt im Design – kurze Proportionen, breite Reifen, flacher Lenker und ein dick gepolsterter Sitz, unter dem zwei herausnehmbare Batterien Platz finden. Dazu gibt es sogar etwas Stauraum für Handschuhe oder Ladezubehör.

Technisch liegt die Dauerleistung bei etwa 11 kW (15 PS), die Spitzenleistung dürfte leicht darüber liegen. Das reicht für rund 100 km/h Höchstgeschwindigkeit – also ideal für den Stadtverkehr oder kurze Landstraßenfahrten. Das Gewicht bleibt unter 140 Kilo, die Reichweite soll je nach Nutzung um 100 Kilometer liegen. Gezeigt wurden zwei Varianten: die Street-Version mit glatten Reifen, Kennzeichenhalter, Spiegeln und Lichtanlage sowie eine Trail-Version mit Stollenreifen, höherem Kotflügel und reduziertem Setup ohne Straßenzulassung.

Damit richtet sich LiveWire an ein Publikum, das eher Spaß am Fahren sucht als lange Reichweiten. Das S4 Honcho ist kein Pendlerfahrzeug, sondern ein Funbike für Wochenenden, Ferienhaus und Stadt. Preislich soll es um 5.000 Euro liegen, womit es deutlich günstiger ist als etwa der BMW CE 02 oder die Kawasaki Z e-1.

Noch interessanter für den europäischen Markt dürfte jedoch der S2 Maxi-Scooter sein, der ebenfalls auf der Messe gezeigt wurde. Er basiert auf der S2-Plattform, die bereits bei der Del Mar und Alpinista im Einsatz ist, und kombiniert den starken Mittelantrieb mit dem Komfort eines Großrollers. Der Scooter entstand in Kooperation mit dem taiwanesischen Hersteller Kymco, der seit 2021 an LiveWire beteiligt ist.

Das Konzeptmodell auf der EICMA zeigte ein modernes Design mit klarer Front, LED-Lichtband und breitem Trittbrett. Technisch soll der Roller bis zu 63 kW Spitzenleistung (84 PS) bieten – das entspricht dem Leistungsniveau der S2 Alpinista. Beschleunigung von 0 auf 100 km/h in etwa 3 Sekunden, maximale Reichweite von 113 Kilometern und CCS-Schnellladung sind geplant. Damit zielt der S2 Maxi-Scooter klar auf Premium-Roller wie den BMW CE 04 oder die Energica Experia – aber mit sportlicherem Auftritt.

Das Fahrwerk basiert auf der bekannten S2-Hardware mit tiefem Schwerpunkt und Alu-Rahmen, die Batterie liegt zentral zwischen den Trittflächen, was für ausgewogenes Handling sorgt. Besonders bemerkenswert: LiveWire plant Varianten für unterschiedliche Einsatzbereiche – eine urbane Version für den europäischen Markt sowie eine „Adventure“-Variante für Asien.

Mit Honcho und Maxi-Scooter öffnet sich LiveWire in zwei Richtungen: nach unten für junge Fahrer, nach oben für Pendler und Tourer. Zusammen ergeben sie ein stimmiges Bild einer Marke, die ihr Portfolio endlich so divers aufstellt, wie es die Elektromobilität erfordert.

Ultraviolette – Hightech in Serie

Kaum ein anderer Hersteller trat so geschlossen und selbstbewusst auf wie Ultraviolette aus Indien. Das Unternehmen zeigte seine komplette Modellpalette und mehrere neue Konzepte.

Ultraviolette X-47 Elektromotorrad

Im Mittelpunkt stand der X-47, ein Crossover-Motorrad mit 10,3-kWh-Akku, 40 PS Spitzenleistung und 100 Nm Drehmoment. 0–60 km/h in 2,7 Sekunden, 145 km/h Spitze, dazu 200 Millimeter Bodenfreiheit und ein Fahrwerk mit einstellbaren KYB-Federelementen. Das Motorrad verfügt über ein integriertes 77-GHz-Radarsystem, das Blind-Spot-Erkennung, Spurwechselassistent und Überholwarnung ermöglicht. Hinzu kommt ein Dual-Kamera-Dashcam-System mit eigenem Display, sowie Brembo-Bremsen und Bosch-ABS – für ein Serienmotorrad in dieser Klasse beeindruckend.

Noch futuristischer wirkt der Tesseract, ein großer E-Scooter mit 34 Litern Stauraum, integriertem Radar und 7-Zoll-TFT. Auch er nutzt die neue „UV HyperSense“-Technik, die Informationen zu Verkehr und Fahrverhalten in Echtzeit verarbeiten kann.

Ultraviolette Tesseract Großroller mit Elektroantrieb

Mit dem Shockwave wendet sich Ultraviolette an sportliche Fahrer: 505 Nm am Hinterrad, 0–60 km/h in 2,9 Sekunden, Speichenräder und Offroad-Tauglichkeit – ein elektrischer Nachfahre der klassischen 2-Takter.

Ultraviolette Shockwave Elektro-Enduro

Ein besonderer Baustein im Gesamtkonzept ist der neue UV Crossfade Helm. Ultraviolette denkt das Motorrad nicht als isoliertes Fahrzeug, sondern als Teil eines vernetzten Fahrer-Ökosystems – und der Helm ist dessen Schnittstelle.

Der Crossfade ist ein ECE-22.06-zertifizierter Integralhelm mit einer Carbonfaser-Außenschale und einem Gewicht von nur rund 1.380 Gramm. Integriert ist ein Cardo-Kommunikationssystem, das über Ultraviolettes Connected Rider Ecosystem direkt mit den Motorrädern interagiert. So werden Warnungen aus dem Radarsystem oder Hinweise der Fahrassistenzsysteme in Echtzeit an den Helm weitergegeben – etwa über akustische Signale oder visuelle Hinweise.

Ultraviolette Crossfade Smarthelm

Das funktioniert dank der hauseigenen Software Dynamic Alert Sequencing (D.A.S.), die Signale priorisiert und in der richtigen Reihenfolge an den Fahrer weitergibt. Wenn das Motorrad also gleichzeitig einen Überholvorgang erkennt und ein Anruf über das Mesh-Netzwerk eingeht, entscheidet das System, welche Information relevanter ist.

Ultraviolette schafft damit eine echte Integration zwischen Motorrad, Helm und Kommunikation – ähnlich wie es in der Automobilbranche bei Fahrzeug-zu-Fahrer-Systemen geschieht. Der Crossfade ist weniger Zubehör als vielmehr ein weiteres Steuer- und Sicherheitsmodul im Gesamtsystem. Genau das zeigt, wie konsequent das Unternehmen seine Vision von intelligenter, vernetzter Elektromobilität verfolgt: Performance, Design und Technologie als geschlossene Einheit..

Verge – Technologie im Hintergrund

Der finnisch-schwedische Hersteller Verge hat mit seinem Radnabenmotor bereits einen festen Platz in der Szene. Auf der EICMA stellte das Unternehmen die Plattform Verge Next vor – ein B2B-System, das den charakteristischen „Donut-Motor“ nun auch anderen Herstellern anbietet.

Die Motoren werden in verschiedenen Größen (2 bis 15 kW) und Drehmomentstufen (80–350 Nm) angeboten und können inklusive Batteriemodulen, Software und Displays geliefert werden. Der erste Prototyp eines Rollers mit Verge-Next-Technik wurde in Mailand gezeigt. Für kleine Marken, die eigene E-Fahrzeuge entwickeln wollen, könnte das ein Durchbruch sein.

Das eigene Spitzenmodell, die Verge TS Pro, bekam ebenfalls ein Update. Der Radnabenmotor ist jetzt kompakter, das Design filigraner, das Cockpit aufgeräumt. Im Tankbereich sitzt nun ein zweites Display für Konfigurationen und Telemetrie.

GR1T – Berliner Elektromotorräder mit Charakter

Ein Newcomer aus Deutschland mischt die Szene auf: GR1T Motorcycles aus Berlin. Gezeigt wurden zwei Modelle – die G1S Street und die G1X Scrambler. Beide basieren auf einem modularen Aufbau mit zwei herausnehmbaren Batterien (je 3 kWh) und erreichen 130 km/h Spitze bei rund 150 Kilometern Reichweite.

Die G1S ist auf urbane Nutzung ausgelegt, wiegt nur 127 Kilogramm und fährt auf 17-Zoll-Pirelli-Reifen. Die G1X ist etwas robuster, mit 830 mm Sitzhöhe, Metzeler-Karoo-Bereifung und kleinem Windschild. Beide Modelle bieten vier Fahrmodi, integrierte Kameras, 4G/5G-Konnektivität, GPS-Tracking und eine App mit digitalem Schlüssel. Der Einstiegspreis liegt bei 6.999 Euro, die Scrambler-Version kostet 7.999 Euro.

Royal Enfield – Flying Flea FF.S6

Royal Enfield hat seine elektrische Tochtermarke Flying Flea weiterentwickelt. Nach der Präsentation der C6 im letzen Jahr (wir waren dabei) zeigte der indische Hersteller nun das Schwestermodell, die neue FF.S6, einen leichten Scrambler mit 19-Zoll-Vorderrad, 18-Zoll-Hinterrad und einem markanten Magnesium-Akkupack, der Gewicht spart und gleichzeitig für effiziente Kühlung sorgt.

Das Motorrad ist mit schräglagenabhängigem ABS, Traktionskontrolle und einem 4G-fähigen Steuergerät ausgestattet, das Navigationsdaten, Fahrzeugdiagnose und Sicherheitsfunktionen bündelt. Über Sprachsteuerung lassen sich Navigation und Musik bedienen.

Auch das Design erinnert an die historischen Militärmodelle: das flache Enduro-Sitzpolster, die hochgezogene Front, kombiniert mit moderner TFT-Instrumentierung. Die FF.S6 soll in Indien gebaut und in Europa ab 2026 verkauft werden.

Fazit

Die EICMA 2025 zeigt, dass elektrische Motorräder keine Nischenprodukte mehr sind. Zero öffnet sich dem urbanen Markt, LiveWire baut Reichweite über Fahrspaß auf, Ultraviolette treibt Technik und Sicherheit voran, Verge professionalisiert seine Plattform, GR1T bringt frischen Wind aus Berlin, und Royal Enfield verbindet Leichtbau mit Tradition. Elektromobilität wirkt auf dieser Messe nicht mehr wie Zukunftsvision, sondern wie Alltag – mit vielen Gesichtern.

Und was macht die Elektrofraktion abends?

Sie trifft sich im Reload.Land.Space zur Party und zum ersten Silent Ride in Mailand. Ob es lustig war? Voll. Kuckt einfach auf Insta.

Noch mehr Elektro-News findest Du hier. Weitere Artikel zur EICMA kannst Du hier lesen.

Livewire Testevent im Craftwerk Berlin – meine ersten Eindrücke von der Livewire One und S2 Alpinista

Elektromotorräder haben ihren Reiz, besonders wenn sie so dynamisch daherkommen wie die beiden Modelle, die ich kürzlich im Craftwerk Berlin testen konnte: Die Livewire One und die im letzten Jahr vorgestellte S2. Eine kleine Feierabendrunde durch die Stadt ersetzt freilich keinen Test, daher hier nur meine ersten Impressionen.

Livewire One – Kraft und Vertrauen

Die Livewire One beeindruckt sofort mit ihrem gestreckten, dynamischen Design. Optisch für mich ein Volltreffer. Fand übrigens auch der von mir sehr geschätzte Jens vom Brauck, der sogar schon zwei Custombikes auf Basis der One aufgebaut hatte. Persönlich gefällt mir ja der erste Umbau aus 2021 besser als der spätere aus 2023, aber das ist Jammern auf sehr hohem Niveau.

Aber zurück zur Testfahrt. Auf der Straße bestätigt sich der starke erste Eindruck: Die Kraftentfaltung des Motors mit 78 kW (105 PS) und 116 Nm Drehmoment ist enorm und lädt dazu ein, beherzt am Gasgriff zu drehen. Von 0 auf 100 km/h beschleunigt sie in etwa 3 Sekunden – ein Wert, der sofort spürbar ist.

Das Fahrwerk der One vermittelt viel Vertrauen, die Maschine liegt satt und stabil auf der Straße, was besonders bei schnelleren Kurvenfahrten deutlich wird. Die Sitzposition ist sportlich, aber komfortabel genug für längere Touren. Das Fahrwerk ist hochwertig abgestimmt und gibt klare Rückmeldungen, sodass man stets ein sicheres Fahrgefühl hat.

Technisch punktet die One mit einer hochwertigen Traktionskontrolle und sportlich abgestimmtem ABS, was besonders bei schlechteren Straßenverhältnissen zusätzliche Sicherheit bietet. Allerdings sind zwei Details etwas gewöhnungsbedürftig: Die getrennten Blinker links und rechts, die mich spontan an ältere BMW-Modelle erinnerten, sowie das pulsierende Gefühl des Antriebs im Stand, spürbar durch ein leichtes Vibrieren in der Sitzbank – ungewöhnlich, aber keinesfalls störend.

Silent Alarm: Custom Harley LiveWire von JvB-moto

Wenn es einen Custombike-Bauer gibt, dessen uneingeschränkter Fanboy ich bin, dann ist es Jens vom Brauck. Er hat in all den Jahren schon die unterschiedlichsten Bikes umgebaut, von einer frühen Ducati Pantah über eine Yamaha Vmax oder BMW RnineT Scrambler. Seine MT-07 ließ er mich Probe fahren was dazu geführt hat, dass ich mir eine kaufen und mit seinem Kit komplett umbauen musste.

Sein am Industrial Design orientierter Stil zeigt klare Linien, seine Umbauten sind drahtig ohne überflüssige Ornamentik und er schafft es bei all den unterschiedlichen Basisbikes immer, seine Handschrift klar ins Bike zu massieren. Der runde Frontscheinwerfer steht jedem Bike gut, matte, gut abgestimmte Farbgebungen unterstreichen die Gesamtoptik.

Und jetzt das: der erste Custom-Umbau einer Harley-Davidson Livewire.

Zum Vergleich hier das Original:

Schlecht sieht sie ja nicht aus, aber schaut Euch den Umbau mal im direkten Vergleich an:

In vielen Punkten ist die „Silent Alarm“, wie Jens das Bike taufte, präziser im Design, ausdefinierter und ausgewogener. Wirkt im Original die Sitzbank fast etwas zu leicht ist beim Umbau hier ein viel besseres optisches Gleichgewicht vorhanden, verbunden mit einer sehr viel klareren Linie.

Oder auch die runde Lampenmaske mit den integrierten motogadget m-blaze Pins, so viel klarer gezeichnet als die Serienversion. Hier passt aus meiner Sicht einfach alles.

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