Die Geburtststätte fast aller BMW Motorräder liegt nahe der Spandauer Zitadelle in Berlin. Im Jahre 1923 wurde in Berlin das erste BMW Motorrad vorgestellt, mittlerweile werden dort mehr als 100.000 Einheiten pro Jahr produziert – wie auch vor 12 Jahren meine GS.
So nahm ich mir diese Woche die Zeit, mir das Werk näher anzuschauen. Zuvor musste ich mich online anmelden, die Führungen scheinen gut gebucht, man muss schon mehrere Wochen Vorlauf einkalkulieren.
An Tor 1 ist auch der Besuchereingang, dort wurden wir von unserem Führer Roland abgeholt und erstmal zum Communication Centre geführt. Dort konnten erstmal aktuelle und vergangene Modelle begutachtet werden, nach einer kurzen Einführung begannen wir unseren Rundgang in der Teilefertigung. Nicht alle Motorenteile werden in Berlin gefertigt, der Sechszylinder der K1600 beispielweise kommt aus München. Fertigungsweisen wurden anschaulich an Rohteilen oder Zylinderblöcken oder Getriebeteilen. In der Qualitätssicherung werden ausgesuchte Teile aus jeder Schicht kontrolliert, ob sie alle innerhalb der Fertigungstoleranz sind – die Taster der Kontrollmaschinen haben Rubinköpfe, da andere Materialien eine zu geringen Festigkeit hätten um die Toleranzen im 1.000-Millimeter-Bereich messen zu können.
Anschliessend ging es in die Motorenfertigung. Erstaunlich fand ich die Arbeitsorganisation und die raumsparende Anordnung der Fertigungsstrassen. Eine der älteren Fertigungsstrassen war noch 200m lang, die neuesten benötigten nur 20m. Nach der Dichtigkeitsprüfung des Motors wird das Getriebe angeflanscht und der Motor im sogenannten „Kalt- und Getriebetest“ das erste mal durchgedreht und kontrolliert. Anschliessend kommen die Motoren entweder kurz in ein Zwischenlager oder direkt in die Endfertigung der Motorräder.
Im Werk gibt es zwei Endmontagebereiche, einen für die Modell unter 1.000 Kubik und einen für die „Großen“, welchen wir uns anschauten. In einer Fertigungsstrasse werden alle Modelle durcheinandergebaut, die jeweiligen Spezifikationen des Motorrads sind auf dem Begleitzettel vermerkt und durch eine für mich beeindruckende Logistik sind immer die richtigen Teile am Band, wenn sie benötigt werden. Egal ob eine Montageklemme für die Karosserieteile oder das komplett vormontierte Hinterrad.
Nach dem Betanken werden die Motorräder das einzige Mal vom Montagehaken genommen und auf dem Rollenprüfstand durchgetestet. Später folgen noch die Dekoraufbringung und die Verpackung. Es sei denn es handelt sich um Behördenfahrzeuge, die in einem separaten Bereich nach individuellen Spezifikationen endgefertigt werden. Hier konnte unser Führer Roland auch einige Anekdoten erzählen v.a. von Regierungsbestellungen aus dem Nahen Osten. Inklusive Blattgoldaufbringung für die gesamte Motorradflotte der Leibgarde eines Ölscheichs.
Am Tag verlassen bis zu 570 Motorräder das Werk, über 80% der Produktion geht in den Export.
Sehr amüsant fand ich auch die Anekdote über eine alte Dame, die ihre Datsche immer noch auf dem Werksgelände hat. Sie hat sich standhaft geweigert bei einer Werkserweiterung ihre Parzelle zu verkaufen und so wurde um ihr kleines Grundstück herumgeplant und sie ist die einzige Person, die ohne Werksausweis aufs Gelände darf.
Zurück im Communication Centre endete nach 2,5 Stunden unsere Führung. Ich fand es sehr kurzweilig und spannend. Die Führung kostet 6€, ermäßigt 4€, das Mindestalter für einen Werksbesuch ist allerdings 14 Jahre. Auf dem Werksgelände herrscht Fotografierverbot, die PR-Abteilung des Werkes war aber so freundlich, ein paar Bilder zur Verfügung zu stellen.
Edit:
Auf YouTube habe ich nun auch einen kleinen Film gefunden, der den Zusammenbau der Motorräder im Berliner Werk zeigt: