Meine erste Motorradtour führte mich 2013 nach Tschechien und Polen. Gemeinsam mit Thomas erfuhr ich das Riesen- und Isergebirge. Unter anderem führte uns unser Weg durch das polnische Karpacz am Fuße der Schneekoppe. Ein bisschen irritiert war ich damals schon, als wir beim Tankstopp an der innerorts gelegenen Orlen-Tanke auf einen Vierer-Sessellift blickten. Gut, die Schneekoppe als höchster Gipfel des Riesengebirges ragt immerhin 1.600m in den Himmel. Mit Schnee war da schon zu rechnen. Irgendwie blieb mir das im Gedächtnis.
Als wir dann vor ein paar Monaten nach einem Ferienziel für die Winterferien suchten und der Wunsch der Söhne auf jeden Fall etwas skitaugliches vorsah, schaute ich mal nach, wie weit man denn mit dem Auto nach Karpacz fahren müsste. Mit knapp vier Stunden war es nur ungleich weiter entfernt als der Harz, lag aber höher als derselber und erschien mir daher schneesicherer. Also buchte ich uns kurzerhand dort ein Apartment für die Ferienwoche.
Bei der Anreise führen wir noch durch grüne Landschaften und auch die ersten beiden Tage war das Skifahren nur sehr begrenzt möglich. Ein schmales, weißes Pistenband zog sich durch ansonst grüne Wälder.
Dies änderte sich schlagartig an den Folgetagen. Zwei Nächte Schneefall in Folge bescherten uns das folgende Bild:
Sohn I im tief verschneiten Wald des Karkonoski Park Narodowy
Ausblick von der Stabkirche Wang
Trotz des ausgiebigen Schneefalls wurden in der Karpacz Ski Arena keine weiteren Pisten geöffnet. Hierfür hätte es noch etwas mehr der Flockenpracht gebraucht. Aber für die Skibedürfnisse der Söhne war es mehr als ausreichend und günstig war der Skipass uns die Skiausleihe zudem auch. Die Erreichbarkeit aus Berlin ist auch deutlich entspannter als die Gebiete in Bayern, der Schweiz oder Österreich.
Und? Welche Reviere kennt ihr von Euren Motorradtouren, die ihr auch im Winter wieder besucht habt?
Nach einer ruhigen Nacht in unserer Pension in Žacléř galt nach dem Aufwachen der erste Blick aus dem Fenster dem Wetter. Und siehe da: Petrus hatte ein einsehen und bescherte uns einen schäfchenbewölkten Himmel mit Sonne. Das hob die Laune spontan deutlich und frohen Mutes machten wir uns auf die nächste Etappe.
Žacléř liegt bereits im Grenzgebiet zu Polen und so überquerten wir bereits nach wenigen Kilometern auf sonnigen Alleen den tschechisch-polnischen Grenzübergang. Vor Kamienna Góra bogen wir ab Richtung Kowary, der Weg führte uns über ein nett geschwungenes Sträßchen durch seeehr ländliches Gebiet. Von Ferne konnte man schon unser erstes Tagesziel sehen, die Schneekoppe. Das mit dem ländlichen Eindruck sollte sich schnell ändern als wir in Karpacz ankamen, dem Wintersportort am Fuße der Schneekoppe. Hier waren plötzlich alle Strassen neu geteert, die Häuser schmuck gestrichen und ein Hotel reihte sich an das nächste. Krasser Gegensatz.
Ursprünglich hatten wir ja gehofft, irgend einen mit dem Motorrad befahrbaren Weg auf die Schneekoppe hinauf zu finden, aber es gabe lediglich mit dem Fahrrad oder zu Fuß ein weiterkommen. Dann ging es eben weiter auf der Route durch das Hirschberger Tal in Richtung Szklarska Poręba. Ab Piechowice begann die Strecke wieder schön kurvig zu werden und wir fuhren durch ein von einem Gebirgsbach durchzogenen Tal hinauf Richtung Harrachov. Anfangs musste man hier sehr aufpassen und konnte die Kurven allzu dynamisch durchfahren, weil alle Nase lang – auch blind hinter Kurven – Parkplätze waren, von denen aus allerlei wanderlustige Menschen die Wälder erkundeten. Kurz vor der tschechischen Grenze erreichten wir auf dem Neuweltpass den für den heutigen Tag mit 880m höchsten Punkt der Route, bevor es dann wieder gen Harrachov den Berg hinab ging. Von der Strasse aus konnte man am gegenüberliegenden Berg schon die Skisprungschanzen sehen, die wir uns auch von Nahem noch anschauten. Irre, wie hoch das ist! Auf den Bildern wird das nur annähernd deutlich.
HJC IS-16
In der Stadt folgte ich dann rechts ab spontan dem Wegweiser Richtung Golfplatz Harrachov, schliesslich habe ich nebem dem Motorrad fahren auch noch ein zweites Hobby, das will nicht vernachlässigt werden. Und wenn es nur Golfplatz ankucken ist. Kurioserweise führte uns der Weg nicht nur zum Golfplatz sondern auch zum daneben befindlichen Bahnhof Harrachov, wo bis zum heutigen Tage noch eine Zahnradbahn fährt.
Als nächstes galt es, den Weg zur Darretalsperre zu finden. Was nicht ganz einfach ist, da zum einen die Beschilderung nicht ganz so ausführlich ist und zum anderen die Strassen abseits der großen Hauptverkehrsrouten gleich immer so aussehen, was ob hinter der nächsten Kurve der geteerte Feldweg enden würde, auf dem man gerade unterwegs ist. Man darf sich also nicht irritieren lassen, auch wenn man das Gefühl hat, am Arsch der Welt unterwegs zu sein. Meistens ist man doch auf dem richtigen Weg. So auch diesmal. Ich war schon kurz davor nochmal anzuhalten und die Route zu überprüfen als wir nach einer Rechtskurve plötzlich den bereits 1915 fertig gestellten Staudamm und den gesuchten See fanden.
Um den See herum führte ein schmales Sträßchen, welches wiederum sehr reizvoll zu fahren war. Statt auf Autos musste man eher auf Fahrradfahrer und Inlineskater achten, die sich ihren Weg durch den Tannenwald machten. Links und rechts wurde das ganze eingerahmt durch die Hügel des Isergebirges und ich fühlte mich hier sehr “Rübezahl”. Am Ende des Wäldchens erwartete uns eine alte Holzhütte, in der eine gefühlte Hundertschaft an Fahrradfahrern Mittagsrast machten. Wir gesellten uns dazu und genossen ein Hirschgulasch mit Laib Brot Knödel auf der Terasse.
Frisch gestärkt nahmen wir die Talfahrt in Richtung des 600m tiefer gelegenen Frýdlandt in Angriff, die allerdings deutlich langsamer als gedacht in Angriff genommen werden musste. Fast in allen Kurven der Strecke lag Rollsplit, so daß wir da bestenfalls durchschnecken konnten. Schade, diese ganzen Kurven so ungenutzt liegen zu lassen. Hinter Frýdlandt mussten wir noch ein Stück Polen durchqueren, bevor es in Zittau wieder nach Deutschland ging. Bei der Routenplanung hatte ich mich hier schon gewundert, warum man um Bogatynia so einen komischen Bogen fahren musste. Auf der Karte waren da nur zwei große weisse Flecken zu sehen, in denen nicht das kleinste Sträßchen zu finden war. Diese weissen Flecken stellen sich als gigantisches Loch im Boden heraus in Form eines Braunkohletagebaus. Wir waren sichtlich beeindruckt, selbst dieses riesigen Schaufelbagger wirkten am Grund des Kraters wie Spielzeuge.
Von Zittau aus wollten wir eigentlich über Neustadt den Weg nach Dresden zurückfinden. Uns kam da aber ein – auf jedem zweiten Straßenschild penetrant angebrachter – Hinweis namens “Zittauer Gebirge” dazwischen. Trotz bereits über 200 gefahrener Tageskilometer waren wie beide so fahrgeil, daß wir an der dritten Ampel sagten “Scheiss drauf, dann nehmen wir das Zittauer Gebirge eben auch noch mit!”. Also links abgebogen und Kurs Richtung Olbersdorf und Oylen genommen. Kurz hinter Oylen einmal rechts abgebogen und – schwupps – waren wir wieder in der Tschechei. Wir waren ja lange schon nicht mehr da.
Von hier aus führen wir erstmal frei Schnauze Richtung Westen, der tief stehenden Sonne entgegen. Kartenausdrucke für diesen Teil Tschechiens hatten wir nicht und das Navi haben wir nur stellenweise nach der aktuellen Position befragt. Aber auch das führte uns an nette Orte:
Habe eben versucht die tschechischen Ortsnamen auszusprechen. Jetzt ist der Helm innen nass. #riesengebirgstour
Über Mařenice fuhren wir – oh, kuck mal, ein Golfplatz – weiter nach Kytlice und dann Richtung Chřibská, wo wir zurück auf die Strecke kamen, die wir an Tag 2 unserer Tour genommen hatten. War ja geil, so konnten wir die Strecke nach Hřensko nochmal in entgegengesetzter Richtung fahren. Irgendwo im böhmischen Wald “nullte” auch Thomas’ VFR:
Hinter Hřensko passierten wir wieder die Grenze nach Deutschland und fuhren wieder der Bastei im Abendlicht entgegen. Superschöner Anblick.
Zum Abendessen luden wir uns spontan bei einem Freund und seiner Familie in Heidenau ein und ritten dann kurz vor Toreschluss ins Hotel nach Dresden zurück. Was für ein geiler Tag!