Keine sechs Wochen ist es her, als wir den Alpenblitz gefahren sind. Unsere Motorradtour durch Österreich und Italien bescherte uns siebzehn Pässe in vier Tagen: Hahntennjoch, Timmelsjoch, Stilfser Joch, Umbrailpass, Gaviapass, Tonalepass, Mendelpass, Nigerpass, Karerpass, Sellajoch, Grödnerjoch, Pordoijoch, Fedaiapass, Falzaregopass, Passo Tre Croci, Drei Zinnen sowie zum Abschluss die Großglockner Hochalpenstrasse.
Wer die genauen Tourenbeschreibung nachlesen will, hier sind die Blogposts dazu:
Genug des Vorspiels, let’s get down to business. Der zweite Tag unserer Tour begann gleich mit einem Klassiker, dem Timmelsjoch. Mit seniler Bettflucht gesegnet waren wir früh auf der Strasse und hatten freie Fahrt. Vor der Tour hatte ich mich noch gewundert, warum Pässe wie das Timmelsjoch und das Stilfser Joch Wintersperren bis Ende Mai hatten. Spätestens heute sollte ich herausfinden, dass das durchaus seine Berechtigung hat. War die Auffahrt zur Mautstation und die weiteren Kilometer sonnig und sommerlich, wurde es mit ansteigenden Höhenmetern nebliger und die Schneemengen links und rechts der Strasse nahmen deutlich zu. Oben angekommen waren es locker vier Meter Schneehöhe neben dem Parkplatz. Kamerakind Thomas hat die Auffahrt mal in Hyperlapse-Modus aufbereitet:
Mangels geeigneter Fernsicht zum Verweilen machten wir uns auf den Weg Richtung St. Leonhard in Passeier. Anfangs war sehr langsame Fahrt angesagt, da der Nebel relativ dicht war und man die Kurven oder Tunnel nur sehr kurzfristig erkennen konnte. Das war sicherlich eine der Gelegenheiten, bei der sich Akki und Sebastian über ihre Zusatzscheinwerfer an den GSen freuten. Und wenn sie nur dafür gut waren, vom Gegenverkehr besser gesehen zu werden.
Bald hatten wir wieder klare Sicht und unten in St. Leonhard angekommen, genehmigten wir uns erstmal am Marktplatz eine kleine Espressopause in strahlendem Sonnenschein. Über Meran und das Vinschgau setzten wir unsere Tour in Richtung Stilfser Joch fort. Leider war dies eine relativ mühsame Etappe, zu der es leider keine Alternative gab. So wurschtelten wir uns im Verkehrsgewühl von Ortschaft zu Ortschaft.
Vor der Anfahrt aufs Stilfser Joch machten wir Mittagspause auf der Terrasse des Hotels Gallia. Das Wiener Schnitzel war eines der besten, das ich bislang gegessen hatte – sehr empfehlenswert! Mit entsprechender Grundlage ging es dann in das Kurven-Eldorado. Wir hatten Glück, dass wir unter der Woche und außerhalb der Ferien da waren. Außer zwei Autos bremste kein Vehikel den Spaß. Jenseits der Baumgrenze öffnete sich der Blick auf das Ortlermassiv. Um vor lauter Staunen nicht in die nächste Wand zu fahren, musste ich das eine oder andere Mal anhalten, um den Ausblick zu genießen. Unfassbar beeindruckend, Natur ist schon was Tolles. Dadurch, dass wir freie Fahrt hatten, war die Auffahrt auch sehr entspannt. Ein guter Rhythmus zwischen den engeren Rechtskurven und den etwas weiteren Linkskurven stellte sich ein, die Fahrradfahrer bergab fuhren auch zivil, alles fein.
Nach einem kurzen Aufenthalt auf der Passhöhe machten wir uns an die Abfahrt. Und da wir schon mal da waren, nahmen wir noch einen kurzen Abstecher auf den Umbrailpass mit, dessen Passhöhe bereits kurz nach dem Abzweig vom Stilfser Joch erreicht ist. Bei der Abfahrt Richtung Bormio war ich ganz froh, dass in den engen Tunneln ein Jeep Cherokee vor mir fuhr und quasi das Räumkommando bildete. Die Südrampe des Stilfser Jochs ist auf jeden Fall um einiges kommoder zu fahren, da die Kurvenradien deutlich entspannter sind als auf der engeren Nordseite.
Kurz durch Bormio durch nahmen wir den Abzweig Richtung Gaviapass, Thomas erklärtem Lieblingspass. Und beim Befahren erschloss sich mir auch seine Vorliebe. Im unteren Part ist er noch sehr unscheinbar, bis hinter San Caterina Valfurva ein schönes Kurvengeschlängel bergauf einsetzt. Im oberen Part wird die Straßenführung wieder etwas gerader, die Natur wandelt sich in ein faszinierend rauhes, hochalpines Szenario. Der Straßenzustand wird merkbar schlechter, bis vor ein paar Jahren waren weite Passagen des Gavia noch Schotterpisten. Heutzutage ist er durchgehend asphaltiert, aber die harten Winter hinterlassen ihre Spuren im Straßenbelag. Meine Ninette schlug sich tapfer, auf einer Enduro hätte ich mich in diesem Moment aber etwas wohler gefühlt. An der Passhöhe machten zahlreiche Fahrradfahrer Rast. Der Gavia zählt zu einen der Klassikern des Giro d’Italia, daher auch seine Beliebtheit bei der Pedaltreterfraktion.
Bei der Bergabfahrt sollte man erhöhte Vorsicht walten lassen: In manchen Passagen ist die Straße keine drei Meter breit und viele Kurven sind nicht einsehbar. Umso mehr Unverständnis hatten wir für die gehirnamputierte Heizertruppe aus Augsburg, die mit mehr als zwanzig Motorrädern wie die Gestörten den Pass heruntereimerten und nicht nur sich sondern auch alle anderen Fahrzeuge gefährdeten.
Beim Tankstopp in Fraviano schauten wir auf die Karte mit der weiteren Streckenführung Richtung Bozen. Auf dem Papier sah es unspektakulär aus und ich befürchtete eine ähnliche Gurkerei wie durch das Vinschgau, wurde aber erfreulicherweise eines besseren belehrt. Zunächst ging es über den Tonalepass (1.884 m ü.NN), der eher der Kategorie “Heizerpass” zuzuschreiben ist, mit langgezogenen Kurven. Sehr spaßig, auch wenn der Skiort auf der Passhöhe ziemlich hässlich ist. Aber anhalten wollten wir eh’ nicht (außer vielleicht zum Stickerbombing des Passschildes).
Ab der Ortschaft Cis folgten wir der SS42, die sich schön den Berg hinauf wurschtelte und uns durch schöne Weinberge zum Mendelpass führte (1.362 m ü.NN). Freundlicherweise hatten die italienischen Straßenbauer weite Passagen des Passes neu geteert, so dass die Abfahrt Richtung Bozen ein besonderer Spaß wurde.
Bei 28 Grad im Tal lief uns die Suppe durch die Motorradkombis. Je näher wir Bozen kamen, desto dichter wurde der Verkehr. Und ich merkte, wie sichtlich genervt ich davon war, nach einem Tag auf Alpenpässen, nur umgeben von Natur. Endlich hatten wir unser Hotel gefunden und bockten die Motorräder auf. Und schon stand unser Begrüßungskomitee mit fünf frisch gezapften Bieren da: Siggi. Ursprünglich wollte er die Tour von Anfang an mitfahren, war dann aber beruflich verhindert. Umso größer unsere Freude, als er sich Freitag mittags entschloss, das Roß zu satteln und nach Italien zu reiten, um mit uns zumindest am Samstag fahren zu können.
Frisch geduscht machten wir uns auf in die sehr schöne Altstadt von Bozen und bei Bier und südtiroler Brettljause fand der Tag einen sehr schönen Abschluss.