Motorradblog über Benzinkultur, Motorradtouren und Custombikes

Schlagwort: Reiseenduro

Royal Enfield Himalayan im Test

Wieviel Leistung ist eigentlich genug? Was braucht man wirklich, um vernünftig und entspannt von A nach B zu kommen? Mit meiner Vespa 300 GTS Super war ich bereits mit 22 PS auf Tour durch den Harz. In den zwei Jahren mit der Honda CJ250T lernte ich, dass man auch mit 27 PS gut auskommen kann (wenn der Oldtimer denn mal lief). Und nun stand die fabrikneue mit 24 PS vor mir. Nicht, um in der Stadt umherzufahren, sondern um eine Tour einmal quer durch die Republik zu fahren. Und ich muss gestehen, ich war sehr gespannt. Bereits 2018 sind wir im Vergleich der BMW S1000 XR und G310 FS der Frage auf den Grund gegangen, wie viel Bike man zum Reisen braucht. Mal sehen, wie sich die Antwort auf diese Frage aus Sicht von Royal Enfield gestaltet.

Die 24 PS bei mobilisiert der 411 ccm große Einzylinder bei 6.500 U / min, die atemberaubenden 32 Nm Drehmoment liegen bei 4.250 Umdrehungen. Damit sollen nun knapp 200kg Motorrad plus Gepäck plus Fahrer bewegt werden. Meine anfängliche Skepsis erschien mir aufgrund der Datenlage berechtigt.

Die erste Stunde unserer Tour führte uns über das Autobahngeschlängel rund um Frankfurt. Und sehr schnell wurde klar, dass dies nicht die Komfortzone der Himalayan war. Weist das Datenblatt 127 km/h als Höchstgeschwindigkeit aus, sind es in der Praxis eher 120 km/h. Und man merkt, wie schwer sich das Maschinchen damit tut, einen ambitioniert pilotierten LKW zu überholen.

Kaum aber auf der Landstrasse angekommen, versetzt einen das Maschinchen in einen sehr entspannten Reisezustand. Der Einzylinder treckert fleissig unter einem und man verzichtet automatisch auf das Fahren auf der letzten Rille. Zum einen ist es nicht das bevorzugte Tempo der Maschine, was sie einem deutlich zu verstehen gibt. Zum anderen wird einem dadurch klar, dass man eh keine andere Option hat, als sich im Rahmen der Möglichkeiten zu bewegen. Und durch diese faktische Akzeptanz des Hier und Jetzt entspannt sich Gehirn und Körper und man geniesst einfach. Dann ist es auch egal, wenn man ein paar Kilometer ohne Überholmöglichkeit hinter einem LKW herzuckelt. Dann steht eben die Freude an der Natur im Vordergrund. Bei den nächsten Bergauf-Kurvenpassagen muss auch keine Bestzeit in den Asphalt gebrannt werden.

Die neue Honda CRF1000L Africa Twin

Einige Bilder der Honda Africa Twin konnte ich Euch schon von der EICMA mitbringen.  Die erste Sitzprobe war auch schon sehr vielversprechend und überhaupt: goldene Felgen. Maulte ich damals noch rum, sie könnte etwas leichter sein und etwas mehr Leistung bringen, werde ich nun etwas besseren belehrt, da die ganze Motorradjournaille derzeit in Südafrika zum Presselaunch der Africa Twin weilt. Allenthalben erreichen mich sehr positive Rückmeldungen und Eindrücke. Am schnellsten waren die Jungs von 1000PS, die nicht nur bereits einen Testbericht geschrieben haben sowie eine umfangreiche Bildergalerie live gestellt haben.  Nein, sie haben auch noch ein 17-minütiges Testvideo gemacht:

Das stimmt alles schon mal sehr positiv und macht natürlich neugierig. Optisch finde ich das Motorrad eh‘ schon einen Hauptgewinn, wenn es nun auch fahrdynamisch so daher kommt, wie in dem Bericht geschildert rückt die Africa Twin noch deutlicher in mein Relevant Set. Schon lange denke ich über die Ablösung meiner F650 GS nach, gefahren bin ich bereits die F800 GS, die große Triumph Tiger Explorer sowie die 800er XC sowie die Suzuki V-Strom 1000. Es fehlen mir noch die KTM’s und die 1200er GS, aber am wohlsten habe ich mich bislang in der Mittelklasse gefühlt. Die bisherige Favoritenrolle hat die BMW F800 GS. Unter anderem, weil sie nicht so ein Riesenschiff ist wie die großen 1200 GS und Tiger Explorer. Und mit knapp 100 PS kann man ja auch schon sehr zügig unterwegs sein. Viel mehr Leistung kann man auf der Strasse kaum und im Gelände schon eh‘ nicht gewinnbringend in Vortrieb umsetzen. Mal kucken, ab wann die Berliner Händler Probefahrten anbieten können.
Edit: 
Nach und nach kommen die weiteren Berichte rein, ich sammel‘ die mal hier:


Reinschnuppern bei Suzuki: V-Strom 1000 und Gladius 650

Suzuki tourt gerade durch Deutschland und macht auf Markentagen für die Motorjournaille ihre aktuellen Produkte anfaßbar. In Hamburg war ich zusammen mit Ralf Becker von Chromjuwelen am Start, um neues auf zwei und vier Rädern zu erfahren. Wobei unsere Aufgabenteilung sehr einfach war, Ralf die Teile mit vier, ich die mit zwei Rädern.

Zur Verfügung standen die Enduro V-Strom 1000, der Großroller Burgman, das (Wieder-) Einsteigermopped Gladius 650 und die Rakete Hayabusa.

V-Strom 1000

Als erstes nahm ich mir die V-Strom vor. Die ganze Zeit juckte es mich, die Suzuki Marketingmenschen zu fragen warum um Himmels Willen man so einen sperrigen Namen für das Modell gewählt hat. Habs dann doch nicht gemacht.

Suzuki-VStrom-1000-Dreiviertelvorderansicht

Die Sitzposition ist angenehm, für meine 1,82m Körpergröße sehr gut passend, die Sitzbank ist bequem gepolstert und der Knieschluss am Tank passt auch. Das Cockpit ist übersichtlich instrumentiert, Drehzahlmesser analog, der Rest digital, Bordsteckdose sowie leicht per Hand verstellbares Windschild. Die grauen Plastikflächen links und rechts der Instrumente wirken etwas, nun ja, unmotiviert.

Suzuki-VStrom-1000-Cockpit

Der V2-Motor liegt mit seinen 100PS-Leistung im Zwischensegment von beispielsweise einer BMW F800 GS und einer R 1200 GS. Diese Sandwichposition nennt Suzuki im Marketingsprech “Lightweight Performance Class“. Vielleicht etwas weit hergeholt, aber im Prinzip erhöht immer mehr Leistung alleine nicht die Fahrdynamik, weniger Gewicht bei gleicher oder leicht erhöhter Leistung kann auch ein Weg sein. Mit 228kg nass ist die große V-Strom keine Ballerina, aber auch kein Elefant.

Suzuki-VStrom-1000-Seitenansicht

Einmal gestartet bellt der Motor heiser und schiebt die Fuhre druckvoll nach vorne. Im Hamburger Stadtverkehr und bei voller Autobahn war ein freier Auslauf der Maschine nicht möglich, aber die Ampelsprints machten Spaß und beim Überholen kickte ich gerne einen Gang tiefer rein als notwendig, weil der Klang der serienmäßigen Auspuffanlage sehr viel Spaß machte. Etwas pubertär spielte ich an der Ampel im Leerlauf mit dem Gas, mein Umfeld sollte auch was davon haben.

Die Schaltung war nicht ganz so präzise bei bei den von mir getesteten BMW F800 GS oder Triumph Tiger 800XC, wobei das jetzt Jammern auf hohem Niveau ist. Im Schiebebetrieb bei Stop and Go in der Stadt ist der Motor nicht ganz so elastisch wie der der Triumph, bei letzterer war die Gangwahl egaler.

Von der kurzen Ausfahrt her lässt sich kein abschließendes Urteil bilden, die V-Strom bringt aber alles mit was eine große Reiseenduro benötigt um erfolgreich zu werden. Und ja, man reist sicher nicht schlechter wenn man mit 100 PS statt mit 125 oder 150 PS unterwegs ist, um mal den Vergleich zu den Großenduros der Konkurrenz zu ziehen. Mit einem Preis von 12.290 € liegt die Maschine knapp 2.000 € über einer geringfügig schwacher motorisierten Triumph Tiger 800 XC.

Gladius 650

Direkt neben der stattlichen Hayabusa geparkt wirkt die Gladius 650 fast zierlich. Sie baut auch mit 785mm Sitzhöhe sehr flach. Hier treffen 72 PS auf ein fahrfertiges Leergewicht von 205 kg. Beim Aufsitzen ist die Sitzposition zunächst gewöhnungsbedürftig. Man sitzt sehr weit vorne, Körpermitte fast genau über dem Motor, die Fußrasten etwas nach hinten versetzt. Von der Enduro kommend erstmal ungewöhnlich, aber sobald man losfährt offenbart sich der Vorteil: die Position ist sehr fahraktiv, man hat das Gefühl, die Hände gehen direkt in die vorderen Federbeine über. Sehr direktes Feedback und Einlenkverhalten, man hat sofort Vertrauen in das Motorrad und ein Gefühl der unmittelbaren Kontrolle. Der Motor tut sein übriges, um den agilen Fahrspaß zu komplettieren. Er hängt gut am Gas und auch hier klingt mit einer angenehm aggressiven Note aus dem Auspuff. Glückwunsch an die Sounddesigner bei Suzuki, ihr bekommt von mir ein Auspuffdiplom.

Suzuki-Gladius-Dreiviertelheckansicht

Die Gladius bin ich nur in der Stadt gefahren, aber gerade hier ist sie auch in ihrem Element, man kann hervorragend durch den Verkehr wuseln, die Schaltung ist gefühlt auch präziser als bei der V-Strom. Gerne hätte ich das Mopped auch mal auf einer kurvigen Landstrasse bewegt, enttäuscht hätte es mich wahrscheinlich nicht.

Suzuki-Gladius-Seitenansicht

Was mich an der Gladius stört, ist das Design. Es wölben sich allenthalben unlackierte Kunststoffteile aus dem Korpus der Maschine. Bei der von mir gefahrenen mattschwarzen Maschine fällt das am meisten auf, die anderen Lackierungen wirken da gefälliger. Trotzdem stört mich die wulstige Formensprache (was bei der Hayabusa 10 mal schlimmer ist), persönlich gefallen mir gerade Linienführungen besser.

Besonders seltsam fand ich allerdings die relativ exponierte Position des Ölfilters:

Suzuki-Gladius-Motor

Sieht das nicht aus wie ein metallener Pillermann?

Läßt man die geschmäcklerischen Sachen mal aussen vor, ist die Gladius ein sehr spritziges Spaßmopped, welches für unter 6.000 € über den Ladentisch geht. Durchaus eine preisliche Kampfansage gegen eine Kawasaki ER-6n und auf Augenhöhe mir der Honda NC750.

Triumph Tiger Explorer

Mit 1215 Kubik, 137 PS und 259 kg vollgetankt sollte die Triumph Tiger Explorer die ich heute probefuhr das bislang heisseste Geschoss auf zwei Rädern sein, was mir unter den Popo kam. Das erste was mir beim Aufsitzen auffiel war der mächtig breitbauende Tank bei der dann doch schmalen Wespentaille aka den Übergang in die Sitzbank:

Doch so massig sie aussah, so leichtfüssig liess sie sich lenken, obwohl sie 60 kg mehr wog als meine gewohnte F650GS. Was natürlich relativ ist, wenn 87 PS mehr am Kardan zerren. Der rote Bereich des Drehzahlmessers fing bei 12.000 U/min an, aber selbst bei 200 km/h auf der Autobahn drehte sie unter 9.000 U/min. Ich wage es nicht zu erahnen, was passiert wenn man die restlichen Drehzahlreserven ausreizt.

Von der gesamten Fahrdynamik war die Explorer der sprichwörtliche Hammer. Beim Beschleuningungstest wurde sogar noch bei schalten in den dritten Gang das Vorderrad sehr leicht und das ASR regelte fleissig. Noch beeindruckender war aber die Negativbeschleunigung, auf der Bremse war sie noch deutlich bissiger als die neulich gefahrene F800GS. Nur beim extremen Einsteigen kam ich in den Regelbereich des ABS, vor allem auf der Hinterradbremse hatte sie erstaunliche Reserven. Und das ohne Integralbremse.

Vom Sound her war sie sehr knurrig, aber ansprechend, der Motor agierte sehr drehfreudig und bei der Ausgangsleistung war bei jeder Drehzahl unabhängig vom eingelegten Gang ordentlich Schub da. Die Sitzposition war sehr angenehm und nicht so hoch wie bei der F800GS. Die Sitzbank bei der Explorer ist auch höhenverstellbar um sich an verschiedene Körpergrößen anzupassen. Die Explorer verfügt auch über einen Tempomaten, mit dem ich allerding nicht zurecht kam. Wenn man eine Geschwindigkeit eingestellt hat, sollte man den Gashahn nicht mehr anfassen um nicht die Geschwindigkeit wieder zu verstellen. Schwer bei einem Motorrad, das man mit beiden Händen lenken sollte. Erschwerend kommt hinzu, daß die Explorer über elektronische statt mechanische Gasübertragung verfügt, diese ist deutlich sensibler, so habe ich mehrfach ungewollt den Tempomaten wieder abgestellt. Aber sicherlich ist das eine Übungssache.

Im direkten Vergleich zu einer F800GS (den direkten Konkurrenten R1200 GS bin ich noch nicht gefahren) wirkt die BMW ob des geringeren Gewichtes agiler, auch wenn sie deutlich weniger Leistung hat. Stichwort Leistung: die 137 PS waren sehr beeindruckend, aber mich als Fahranfänger würde das auf die Dauer zu sehr anstrengen. Man ist doch immer versucht, die Leistung auch auszunutzen unabhängig davon ob man sie jetzt hundertprozentig kontrollieren kann oder nicht.

Trotzdem: tolle Reiseenduro mit viel Potential, aber auch mit einem saftigen Preisschild: ab 13.790,00 € seid ihr dabei.

Präsentiert von WordPress & Theme erstellt von Anders Norén