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Schlagwort: Motorradmesse

EICMA Eindrücke 2025 – Motorradwelten zwischen Hightech und Handwerk

Mailand bleibt das Zentrum der Motorradwelt. Auf der EICMA 2025 zeigen die Hersteller, wie unterschiedlich man Zukunft denken kann. Noch sitze ich hier zwischen den Messeständen, wollte Euch aber schon mal meine ersten Eindrücke mitgeben: BMW bringt moderne Technik in die A2-Klasse, Honda zündet gleich mehrere Innovationsstufen und Royal Enfield bleibt der Meister des Stils.

BMW F 450 GS – kleiner Hubraum, große GS-DNA

Letztes Jahr noch der Prototyp, dieses Jahr stellte BMW die Serienversion der „Baby-GS“ vor. Mit der neuen F 450 GS wagt BMW einen wichtigen Schritt: eine vollwertige GS für die 48-PS-Klasse. Der neue Zweizylinder mit 420 Kubikzentimetern leistet 35 kW (48 PS) bei 8.750 U/min und 43 Nm bei 6.750 U/min. Damit ist sie am Limit der A2-Klasse, bleibt mit 178 Kilogramm fahrfertig aber leicht. Zum Vergleich: die CF Moto 450 MT wiegt 175 Kilo bei 44 PS und kostet rund 6.300 Euro, die Kove 450 Rally bringt 155 Kilo auf die Waage, bietet 52 PS und liegt bei etwa 8.000 Euro.

Für die Basis-Variante der ruft BMW 7.220 Euro auf, liefert dafür aber Top-Ausstattung mit TFT-Display, ABS Pro, Quickshifter und Fahrmodi „Rain“, „Road“ und „Enduro“. Die Ausstattungsvarianten kosten zwischen 300 und 770 € Aufpreis, die oben gezeigte GS Trophy-Version würde entsprechend 7.990 € kosten.

Ein Highlight ist die Easy Ride Clutch (ERC), die das Kuppeln fast überflüssig macht. Damit positioniert sich die F 450 GS klar oberhalb der asiatischen Konkurrenz. Sie wirkt wie eine geschrumpfte R 1300 GS – hochwertig, ausbalanciert und mit echter GS-Ergonomie. Mit 3,8 Litern Verbrauch und über 350 Kilometern Reichweite bleibt sie alltagstauglich.

Honda CB1000GT – Fireblade-Power mit Reisediplom

Die CB1000GT ist Hondas neue Definition des Sporttourers. Der Vierzylinder aus der Fireblade leistet 150 PS und 102 Nm und steckt in einem Tourenrahmen mit Showa-EERA-Fahrwerk und 6-Achsen-IMU. Koffer, Heizgriffe, Tempomat und Quickshifter sind Serie, ebenso das verstellbare Windschild und RoadSync-Konnektivität.

Die GT ist klar Hondas Antwort auf BMW S 1000 XR und Kawasaki Versys 1000 SE. Im Vergleich zur XR tritt sie entspannter auf: weniger aggressiv, komfortabler und leiser. Dafür punktet sie mit Reife, Sitzkomfort und typischer Honda-Sanftheit. Preislich dürfte sie leicht unter der XR liegen – mit mehr Reise-, aber etwas weniger Attacke-Charakter.

Honda WN7 – der Start einer neuen Elektro-Ära

Mit der WN7 startet Honda seine neue Elektro-Generation, Details dazu hatte ich Euch hier bereits vorgestellt. Die Mittelklasse-Maschine bietet 18 kW Leistung, 140 Kilometer Reichweite und CCS-Schnellladung auf 80 Prozent in 30 Minuten. Dazu gibt es Fahrmodi, Rekuperation, Rückfahrhilfe und ein neues Honda-EV-Branding mit modernem Logo.

Honda plant unter dieser neuen E-Linie weitere Modelle – vom Cityroller bis zum sportlichen Naked. Die WN7 markiert den Anfang einer langfristigen Elektrifizierungsstrategie, die Emotion und Alltag verbinden soll, statt reine Technologie zu zeigen.

Honda V3R 900 – Kompressor statt Kompromiss

Der V3R 900-Prototyp war einer der Höhepunkte der Messe. Der 75-Grad-Dreizylinder mit elektronischem Kompressor liefert 130 PS bei 900 Kubik, wiegt rund 200 Kilogramm und soll die Leistung eines 1.200er-Motors bieten – bei geringerem Verbrauch und mehr Kontrolle. Der E-Kompressor sorgt für spontanes Drehmoment schon ab niedrigen Drehzahlen.

Honda V3R900 Prototyp

Das Design ist asymmetrisch, kantig und zukunftsorientiert. Der Preis ist noch offen, Honda nennt als Zielmarke etwa 15.000 bis 17.000 Euro. Mit neuem „Flagship Wing“-Logo und sportlicher Linienführung steht die V3R sinnbildlich für Hondas technologische Ambitionen – ein Motorrad, das in Serie zum Benchmark der Mittelklasse werden könnte.

Honda NX500 – bewährter Allrounder, jetzt smarter

Auch die NX500 profitiert von Hondas neuer E-Clutch-Technologie. Die halbautomatische Kupplung erlaubt Schalten ohne Hebel – auf Wunsch aber auch weiterhin manuell. Damit ist sie perfekt für Einsteiger und Pendler. Dazu kommen neue Farben, TFT und kleine Detailverbesserungen.

Die E-Clutch wird künftig auch für CB500 Hornet, CBR500R, CB750 Hornet und XL750 Transalp verfügbar sein. Damit will Honda den Brückenschlag zwischen klassischem Motorradgefühl und modernem Bedienkomfort schlagen.

Royal Enfield – Custom trifft Serienreife

Royal Enfield setzt seine 650er-Plattform fort und zeigt gleich mehrere Neuheiten. Die Shotgun 650 kommt in einer edlen Darkshot-inspirierten Version mit modifiziertem Sitz, kürzerem Heck und neuen Farben. Die Continental GT R bringt den Café Racer zurück – mit halbverkleideter Front, Clip-ons und klarer Linienführung.

Auch von der Super Meteor gibt es ein Touring-Paket mit Windschild und Seitentaschen. Zudem zeigt Royal Enfield die Scambler-Version der Flying Flea. Die Elektro-Version der Himalayan (mit Antriebsstrang von Stark Future) wird leider noch im Prototypen-Stadium gezeigt.

Zudem hält Royal Enfield als einer der wenigen Hersteller die Custom Bike-Fahne hoch, stellvertretend sei der spektakuläre Umbau “Caliber Royale” der Shotgun 650 von Rough Crafts genannt.

Basierend auf dem Custombike entsteht eine auf 100 Stück limitierte Sonderedition, die die charakteristischen Merkmale übernimmt: ein grau abgesetzter Zierstreifen aus echtem Blattgold zieht sich über die Karosserie und hebt die Kombination aus mattem und glänzendem Schwarz hervor. Das handgegossene Tankemblem aus massivem Messing ist eine exakte Nachbildung des Custombikes. Gestepptes Echtleder auf den Sitzen, goldfarbene Gabelinnenrohre sowie kontrastierende Leichtmetallfelgen und Lenkerendspiegel ergänzen den Charakter.

Über die Vielzahl neuer chinesischer Hersteller und weitere Neuigkeiten aus dem Elektrolager schreibe ich Euch im nächsten Artikel. Jetzt muss ich erstmal zurück zum Flughafen.

Warum die Intermot ein Problem hat…

Die Intermot 2024 hat viele Motorradfans etwas ratlos zurückgelassen. Ein Event, das einst zu den führenden internationalen Messen zählte, kämpft um Relevanz und Substanz. Zwar bemühten sich die Veranstalter um eine „Neuausrichtung“, doch das Ergebnis blieb ernüchternd: Statt prall gefüllter Hallen, beeindruckender Premieren und umfangreichem Rahmenprogramm gab es eine auf zwei Hallen zusammengeschrumpfte Messe. Die Diskrepanz zwischen vollmundigen Pressemitteilungen und der Realität vor Ort ist – zumindest für mich – schon sehr groß.

Ein Messebesuch im Überblick: Licht und viel Schatten

Bereits beim Betreten der Hallen fiel auf: Von der einstigen Größe und Strahlkraft der Intermot war kaum etwas übrig. Zwei Hallen, deren Flächen nicht einmal vollständig mit Motorrädern gefüllt waren. Ein Viertel bis ein Drittel der Fläche war mit gastronomischen Ständen, chinesischen Teileherstellern oder Ausstellungsbereichen von Rennteams bestückt. Für eine Messe, die den Anspruch hat, die Leitmesse der deutschen Motorradbranche zu sein, ist das schlicht zu wenig.

Dass es auch anders ging, hat die Intermot früher bewiesen. Erinnern wir uns: 2016 feierte Ducati die Weltpremiere der Supersport – präsentiert vom damaligen CEO Claudio Domenicali höchstpersönlich. Dieses Jahr wurde zumindest die Multistrada V2 vorgestellt, aber irgendwie war früher mehr Lametta.

Veranstalter in Verteidigungshaltung

In den offiziellen Statements der Koelnmesse und des IVM (Industrie-Verband Motorrad Deutschland e.V.) bemüht man sich um Optimismus. „Starker Start“, „Neuausrichtung“, „zukunftsorientierte Plattform“ – die Worte klingen gut, lassen sich aber vor Ort nicht bestätigen. Ja, es gab interessante Ansätze wie die Creator Lounge, die junge Social-Media-affine Zielgruppen ansprechen sollte. Doch solche Gimmicks sind kein Ersatz für das, was Motorrad-Enthusiasten von einer Messe erwarten: Motorräder, Zubehör, Premieren, Testmöglichkeiten und ein Rahmenprogramm, das den Besuch zum Erlebnis macht.

Zwar konnten bekannte Marken wie BMW Motorrad, Honda, Kawasaki, Suzuki, Triumph und Yamaha gewonnen werden, doch fehlten zahlreiche wichtige Player. Wer etwa nach KTM, Husqvarna oder Harley-Davidson suchte, suchte vergeblich. Eine deutsche Leitmesse, die große Marken nicht an Bord hat, kann ihrem eigenen Anspruch kaum gerecht werden.

Was muss sich ändern?

Um die Intermot wieder zu dem Event zu machen, das Motorradfahrer aus ganz Detuschland anzieht, sind deutliche Verbesserungen nötig:

  1. Mehr Hallen, mehr Vielfalt: Zwei Hallen sind nicht genug. Der Anspruch muss sein, die komplette Bandbreite der Motorradwelt zu zeigen – von großen Herstellern bis zu Zubehöranbietern.
  2. Echte Highlights: Weltpremieren und große Präsentationen müssen wieder zur Tagesordnung gehören. Ohne Neuheiten und spektakuläre Enthüllungen fehlt der Wow-Faktor.
  3. Stärkeres Rahmenprogramm: Testfahrten, Live-Shows, Workshops und Mitmach-Aktionen – das sind die Dinge, die Messebesucher anziehen und begeistern.
  4. Zubehör und Custom-Szene: Eine stärkere Einbindung von Customizern, Zubehörherstellern und Nischenmarken könnte die Messe diverser und lebendiger gestalten.
  5. Internationalität ausbauen: Die Intermot muss ein Treffpunkt für die ganze Motorradwelt sein – dafür braucht es mehr internationale Marken und Aussteller.

Fazit: Ein weiter Weg zur Leitmesse

Die Intermot 2024 hat gezeigt, dass der Wille zur Veränderung zwar da ist, das Ergebnis aber noch weit hinter den Erwartungen zurückbleibt. Der Veranstalter spricht von einem „Fundament“, auf dem man aufbauen möchte. Doch bis zur Rückkehr zur einstigen Stärke der Messe ist es noch ein weiter Weg.

Gerade die Anziehungskraft für jungen (und mehr weiblichen) Motorradnachwuchs muss sich steigern. Gerade am ersten Tag meines Messebesuches war ich gefühlt nur von alten, weissen Männern umgeben. Das verbesserte sich am Samstag, aber ist es noch weit entfernt vom Idealzustand, den auch die Hersteller brauchen, um zu wachsen und neue Zielgruppen zu erschliessen.

Wenn die Intermot künftig als deutsche Leitmesse ernst genommen werden will, müssen 2025 mehr Hersteller an Bord sein, mehr Hallen gefüllt werden und echte Highlights präsentiert werden. Bis dahin bleibt für viele Besucher vor allem die Erinnerung an vergangene Zeiten – und die Hoffnung, dass der Lack doch noch einmal aufgefrischt werden kann.

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