Wes Siler reflektiert Anfang der Woche auf Lanesplitter die Pressevorstellung der neuen Ducati Scrambler, bei der nicht nur die klassische Motorjournaille anwesend war, sondern auch diverse Lifestylemagazine mit lumbersexuellen Redakteuren. Für Ducati reflektiert das die Positionierung der neuen Scrambler, aber es zeigt auch die notwendigen Schritte, die ein Hersteller gehen muss, um wieder jüngere Zielgruppen ans Motorrad heranzuführen. Nicht nur ein Motorrad bauen, welches dieser Zielgruppe entspricht, sondern auch jenseits der oft ingenieursgetriebenen Journaille neue Verbreitungswege zu suchen.
BikeExifs Chris Hunter kommentierte zu diesem Artikel und richtete seine Kritik gegen die Verlagshäuser:
It makes me wonder if we are approaching the endgame for the mainstream US moto press. I know that some advertisers are questioning why they should pay $15, $25 or $35 CPM for ads. Especially when they can get similar audience reach elsewhere, and for less money. Where there aren’t so many overheads or salaries or lunches or offices.
Die deutsche Motorrad-Presselandschaft ist bereits sehr vielfältig, von den Klassikern wie MO und Motorrad über die Custombike zu mehr oder weniger professionellen, reiseorientierten Motorradmagazinen. In den letzten Wochen kamen nun zwei Verlage mit neuen, lifestyleorientierten Titeln auf den Markt: die Motor Presse Stuttgart launchte diese Woche die“FUEL“, der Huber Verlag aus Mannheim brachte „Roadster“ bereits vor ein paar Wochen in den Handel.
In ihrer Themenauswahl gibt es einige Parallelen:
- über das Wheels & Waves schreibt in der FUEL Sven Wedemayer, im Roadster Herrmann Köpf. Beide schätze ich sehr, jeder bringt seine persönlichen Eindrücke zu Papier, Herrmann fokussiert mehr auf das Event an sich, Sven bringt mehr den generellen Fokus auf die Motorradszene.
- die Suzuki Fat Mile sowie die Ducati Scrambler wird in beiden Magazinen vorgestellt,
- Custom-Schrauber werden vorgestellt (HB Custom in der Roadster, Urban Motor in der FUEL), sowie
- Menschen und ihre Custombikes werden präsentiert.
Fehlt nur noch der Glemseck-Artikel und der übliche Themenmix wäre komplett. Ich würde mir ja wünschen, daß gerade in diesen etwas ambitionierter positionierten Titeln neue Themen gespielt würden. Gerade bei den Customschraubern gibt es noch so viele un- oder wenig bekannte wie Mokka Cycles aus Budapest, Red Hot Chili Customs aus Stettin oder ER Motorcycles aus Slowenien. Überm großen Teich gibt es auch noch Dustin Kott oder Max Hazan. Ebenso existieren neben dem Glemseck und dem W&W viele interessante Motorradtreffen, beispielsweise die im letzten Jahr sehr ambitioniert gestarteten BSMC-Events oder das Dirt Quake.
Von den sonstigen Artikeln ist die Roadster etwas mehr motorrad-fokussiert und bietet auch noch einige Tests im Heft, die FUEL bringt eher Roadtrips wie Svens Bericht über eine nächtliche Ausfahrt durch Berlin mit zwei alten Guzzi V7 Special oder ein Interview mit Motoraver-Helge über den Film „Königreich Klitmøller“ (der allerdings schon über ein Jahr alt ist).
Fazit: beide Titel haben Potential, die Profile der Titel sollten noch etwas geschärft werden und neue Themen aufgegriffen werden, anstatt bekanntes in neuem Anstrich zu präsentieren.
Um das Statement von Chris Hunter nochmals aufzugreifen, weiss ich nicht, ob beide Titel sich in dem gesättigten Special Interest-Markt durchsetzen können. Hierzu sind neben entsprechenden Aboeinnahmen auch Anzeigenerlöse notwendig. Und vielleicht ein ernst zu nehmendes, begleitendes Digitalangebot, was bei beiden noch deutlich ausbaufähig ist.