In dieser Woche war die erste Kachel meiner Wetter-App auf Weibersbrunn eingestellt und der Blick darauf sagte immer das gleiche: Regen, Regen, mehr Regen, weniger Regen aber auch Regen. Ich machte mich also auf das Schlimmste gefasst und packte alles an Regenklamotte ein, was ich in meiner Wohnung finden konnte.

Im besagten, beschaulichen Spessartstädtchen fanden die Honda Motorrad Pressetage 2017 statt. Als ich am Donnerstag Nachmittag dort ankam, setzte gerade ein Gewitter ein und einige der Testfahrer kamen sogar in kurze Hagelschauer. Umso erfreulicher war der Blick aus dem Hotelzimmer am Freitag morgen: Wolken hingen zwar immer noch am Himmel, aber hielten sich geschlossen. Im Laufe des Vormittages trockneten auch die Straßen ab und so stand einem vergnüglichen Testtag nichts im Wege.
Der Hof stand voll mit ungefähr 35 Motorrädern, in allen steckte der Schlüssel und ich hatte mir ein strammes Programm vorgenommen.

Im Laufe des Tages hatte ich die Möglichkeit, die folgenden Motorräder zu testen:
1. Honda Africa Twin mit DCT-Getriebe
2. Honda X-ADV
3. Honda CBR1000 Fireblade SP
4. Honda MSX 125
5. Honda CB1100 RS
6. Honda CMX500 Rebel
7. Honda CRF250 Rallye
8. Honda Africa Twin mit Schaltgetriebe

Im Vlog habe ich meine ersten Eindrücke geschildert, im Nachgang fielen mir noch einige Dinge auf, daher möchte ich meine Fahreindrücke hier noch komplettieren.

Honda Africa Twin mit DCT-Getriebe

Gleich zu Anfang schnappte ich mir das Motorrad, auf das ich am meisten gespannt war. Die Africa Twin – vor allem in der gefahrenen Tricolor-Lackierung – ist für mich die schönste Reiseenduro, die derzeit auf dem Markt ist. Die sensationellen Verkaufszahlen seit der Markteinführung zeigen, daß es auch vielen anderen Leuten so geht. Ich gebe zu, ich hatte eine emotionale Vorprägung, bevor ich überhaupt den Zündschlüssel der Maschine drehte. Ich wollte sie geil finden.

Als ich dann vom Hof rollte und das DCT-Getriebe im D-Modus für mich die Schaltarbeit übernahm, fühlte sich das nur so Mittel an. Es ist natürlich erstmal gewöhnungsbedürftig, aber trotzdem waren das nicht so meine Schaltpunkte, ich fühlte mich bevormundet. In den S-Modi passte das schon besser, ich griff aber des öfteren über die Schaltpaddel selber ein. Ebenso haderte ich mit dem Windschild, welche den Fahrtwind zwar gut vom Körper abhielt, aber auch dafür sorgte, daß der Helm im oberen Bereich angeströmt wird und für nervige Verwirbelungen sorgte. Für den Dauerbetrieb bräuchte ich da noch einen extra Windabweiser an der oberen Abrißkante.

Genug gemeckert, zu den positiven Dingen: die Sitzposition ist für mich optimal, die Füße kommen im Stand gerade noch so flach auf den Boden, während der Fahrt hat man einen sehr angenehmen Kniewinkel, die Sitzbank lädt auch zum Kilometerschrubben ein. Cockpit und Schaltereinheiten sind intuitiv bedienbar und geben keine Rätsel auf. Der taillierte Tank ermöglicht einen guten Knieschluss, sowohl im Sitzen als auch im Stehen.

Auf der Landstrasse macht sie eine gute Figur, der Motor hängt gut am Gas (wenn man mitschaltet) und es bellt knurrig aus dem Auspufftopf. Das Mehrgewicht gegenüber einer BMW F800 GS beispielsweise merkt man schon, sie ist jetzt nicht schwerfällig, aber man merkt, daß man etwas mehr bewegen muss. Schnelles Reisen auf der Autobahn geht auch gut, im Korridor von 140-160 km/h Reisetempo ist man gut unterwegs, über 180 km/h bis zur Endgeschwindigkeit von knapp 200 km/h wird es etwas dünn mit dem Durchzug.

Kam ich mit etwas gemischten Gefühlen von der Testfahrt mit der DCT-Variante zurück, schnappte ich mit zum Ende des Tages nochmal die Schaltvariante der Africa Twin. Der kurze Ausritt versöhnte mich mit dem Motorrad wieder. So fahre ich sie gerne, die Fremdbestimmung durch das DCT-Getriebe passte mir überhaupt nicht. Die Qualität des DCT konnte ich im Gelände nicht testen, das war der Motorradjournaille bei der Markteinführung ein einhelliges Lob wert.

Honda X-ADV

Als ich vor zwei Jahren auf der EICMA vor der Studie der X-ADV stand, gefiel mir das Konzept spontan. Die Serienumsetzung blieb nah an der Studie, vom Design her finde ich sie sehr schön anzuschauen. Der Motor aus der NC750 schiebt hier stattliche 238kg durch die Gegend, es geht gut voran, aber es fällt mir schwer, sie als besonders spritzig zu bezeichnen. Wenn sie aber mal Fahrt aufgenommen hat, liegt sie bolzenstabil auf der Strecke, dem langen Radstand und dem tiefen Schwerpunkt sei Dank. Die Sitzposition würde ich am ehesten als chopperartig beschreiben, man sitzt tief und gestreckt, die Füße stabil auf dem vorderen Trittbrett positioniert. Auf jeden Fall sehr komfortabel und auch für längere Strecken geeignet.

Honda hat die X-ADV ihrem Adventure-Segment zugeordnet, nach dem ersten kleinen Offroadausritt über Feld- und Waldwege merkt man, daß die längeren Federwege ihr hier gut helfen, aber das bevorzugte Revier wäre meiner Meinung nach doch eher die Strasse. Zumal für den Offroadeinsatz die Sitzposition zu komfortabel ist. Für mich ist die X-ADV ein schön designter und gut gemachter Großroller, mit dem man aber auch mal eine Wochenendtour ins Brandenburgische machen kann. Dort gibt es auch genug Schotter- und Sandpisten, auf dem der X-ADV sich ein bisschen einsauen darf.

Edit:
Lest bitte unbedingt den Artikel von Clemens Gleich zum X-ADV auf heise.de, großartig!

Hondas X-ADV dagegen ist eine derart alberne Kreatur, dass man sie lieben muss. Sie nimmt (Absicht oder nicht) jeden Ernst aus dem sonst so bieder präsentierten Thema und gibt ihm einen lebensfrohen Kunst-Aspekt. Ich betrachte sie wie ein Katzen-mit-Gurken-Video auf Youtube und küre sie daher – all things considered – zur besten Reiseenduro des Jahres 2017.

Clemens Gleich

Honda CBR1000RR Fireblade SP

Im Gegensatz zur Africa Twin hatte ich bei der CBR1000RR Fireblade noch gar keine Erwartungshaltung im Kopf. Außer meiner Wochenendtour auf der BMW S1000RR im letzten Jahr hatte ich auch noch keine größeren Berührungspunkte mit der Gattung Supersportler. Meine Herrn, habe ich was verpasst. Hier treffen 192PS auf 195kg, für die Bodenhaftung sorgt ein feines Öhlins-Fahrwerk. Und wenn man nicht aufpasst ist nach ein paar Sekunden der Führerschein weg. Scherz beiseite, man muss schon eine gewisse Charakterstärke haben, um dieses Gefährt im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften zu bewegen.

Auch auf den schlechteren Landstraßen bügelte das Fahrwerk die Unebenheiten sauber weg, man kann die Maschine auch sehr schaltfaul und trotzdem schnell fahren. Selbst im 6. Gang zerrt dich der Motor so dermassen vehement aus den Ecken raus, daß es eine wahre Freude ist. Mit knapp über 22.000€ ist die Maschine kein Schnäppchen, die SP-Version liegt damit zwischen der Ducati Panigale und Panigale S. Und neben der muss sich die Fireblade weder optisch noch performancemäßig verstecken.

Honda MSX 125

DIE MSX IST SOOOO LUSTIG! Man kann auch mit 10 PS Spaß haben, vor allem wenn sie in so einem kleinen und agilen Hocker stecken wie hier. Man kann gar keine schlechte Laune bekommen, wenn man auf der MSX unterwegs ist. Können meine Söhne nicht früher 16 werden, damit ich eine Entschuldigung habe, so was zu kaufen?

Honda CB1100 RS

Nach dem Exkurs auf der MSX jetzt wieder ein Bike für erwachsene Menschen. Eine stattliche, klassische Silhouette mit Vierzylindermotor, der genauso viel PS wie Newtonmeter abliefert und zum ambitionierten Cruisen einlädt. Wenn man möchte, kann man die CB1100 aber auch sehr sportlich bewegen, das Showa-Fahrwerk hat genug Reserven, die Maschine kippt in den Kurven gut ab und die Rasten sind schneller am Boden, als man diesem großen Bike zutraut. Chrom, gebürstetes Metall, klassische Armaturen, die Retro-Optik wird hier sehr gepflegt und sie gefällt mir ausgezeichnet. Und wer es noch klassischer mag, nimmt die EX-Version mit Speichenrädern.

Honda CMX500 Rebel

Ganz direkt: die Rebel war das einzige Motorrad an diesem Tag, dem ich gar nichts abgewinnen konnte. Weder von der Optik, der Sitzposition oder den Fahrleistungen. Da bin ich leider raus.

Honda CRF250 Rallye

Als ich letzten September mit dem Griesgram unterwegs war, konnte ich seine CRF250L mal kurz durch den brandenburgischen Sand treiben. Die Langstreckentauglichkeit seiner Maschine hatte er alleine schon mit der 700km langen Anreise nach Berlin (über Landstrasse, an einem Tag) unter Beweis gestellt. Wer es ihm mit der CRF250 Rallye nachtun will, der braucht etwas Geduld. Mit 25PS ist man auf der Landstrasse nicht wirklich der schnellste. Im Gelände überzeugt sie durch ihre längeren Federwege, ihre Leichtigkeit und das exzellente Handling. Wer eine leichte Einzylinder-Enduro sucht, ist bei der CRF250 auf jeden Fall an der richtigen Stelle. Ob es gleich die Rallye sein muss, darf jeder selber entscheiden. Wenn gegebenenfalls zur EICMA eine 450er Version rauskommt, dürfte es spannend werden.

Es war auf jeden Fall ein intensiver und spannender Tag. Vielen Dank an Honda Motorrad für die Einladung, dank auch an die alten und neuen Bekannten für die tollen Benzingespräche: Canan und Stefan von Motorradreise.tv, Mike von Renn.tv, Alexander von Fastforwardfilms, Nasty Nils von 1000PS, Torsten Thimm vom TT Motorbike Blog und dem Nolan-Team.

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