Suzuki tourt gerade durch Deutschland und macht auf Markentagen für die Motorjournaille ihre aktuellen Produkte anfaßbar. In Hamburg war ich zusammen mit Ralf Becker von Chromjuwelen am Start, um neues auf zwei und vier Rädern zu erfahren. Wobei unsere Aufgabenteilung sehr einfach war, Ralf die Teile mit vier, ich die mit zwei Rädern.
Zur Verfügung standen die Enduro V-Strom 1000, der Großroller Burgman, das (Wieder-) Einsteigermopped Gladius 650 und die Rakete Hayabusa.
V-Strom 1000
Als erstes nahm ich mir die V-Strom vor. Die ganze Zeit juckte es mich, die Suzuki Marketingmenschen zu fragen warum um Himmels Willen man so einen sperrigen Namen für das Modell gewählt hat. Habs dann doch nicht gemacht.
Die Sitzposition ist angenehm, für meine 1,82m Körpergröße sehr gut passend, die Sitzbank ist bequem gepolstert und der Knieschluss am Tank passt auch. Das Cockpit ist übersichtlich instrumentiert, Drehzahlmesser analog, der Rest digital, Bordsteckdose sowie leicht per Hand verstellbares Windschild. Die grauen Plastikflächen links und rechts der Instrumente wirken etwas, nun ja, unmotiviert.
Der V2-Motor liegt mit seinen 100PS-Leistung im Zwischensegment von beispielsweise einer BMW F800 GS und einer R 1200 GS. Diese Sandwichposition nennt Suzuki im Marketingsprech “Lightweight Performance Class“. Vielleicht etwas weit hergeholt, aber im Prinzip erhöht immer mehr Leistung alleine nicht die Fahrdynamik, weniger Gewicht bei gleicher oder leicht erhöhter Leistung kann auch ein Weg sein. Mit 228kg nass ist die große V-Strom keine Ballerina, aber auch kein Elefant.
Einmal gestartet bellt der Motor heiser und schiebt die Fuhre druckvoll nach vorne. Im Hamburger Stadtverkehr und bei voller Autobahn war ein freier Auslauf der Maschine nicht möglich, aber die Ampelsprints machten Spaß und beim Überholen kickte ich gerne einen Gang tiefer rein als notwendig, weil der Klang der serienmäßigen Auspuffanlage sehr viel Spaß machte. Etwas pubertär spielte ich an der Ampel im Leerlauf mit dem Gas, mein Umfeld sollte auch was davon haben.
Die Schaltung war nicht ganz so präzise bei bei den von mir getesteten BMW F800 GS oder Triumph Tiger 800XC, wobei das jetzt Jammern auf hohem Niveau ist. Im Schiebebetrieb bei Stop and Go in der Stadt ist der Motor nicht ganz so elastisch wie der der Triumph, bei letzterer war die Gangwahl egaler.
Von der kurzen Ausfahrt her lässt sich kein abschließendes Urteil bilden, die V-Strom bringt aber alles mit was eine große Reiseenduro benötigt um erfolgreich zu werden. Und ja, man reist sicher nicht schlechter wenn man mit 100 PS statt mit 125 oder 150 PS unterwegs ist, um mal den Vergleich zu den Großenduros der Konkurrenz zu ziehen. Mit einem Preis von 12.290 € liegt die Maschine knapp 2.000 € über einer geringfügig schwacher motorisierten Triumph Tiger 800 XC.
Gladius 650
Direkt neben der stattlichen Hayabusa geparkt wirkt die Gladius 650 fast zierlich. Sie baut auch mit 785mm Sitzhöhe sehr flach. Hier treffen 72 PS auf ein fahrfertiges Leergewicht von 205 kg. Beim Aufsitzen ist die Sitzposition zunächst gewöhnungsbedürftig. Man sitzt sehr weit vorne, Körpermitte fast genau über dem Motor, die Fußrasten etwas nach hinten versetzt. Von der Enduro kommend erstmal ungewöhnlich, aber sobald man losfährt offenbart sich der Vorteil: die Position ist sehr fahraktiv, man hat das Gefühl, die Hände gehen direkt in die vorderen Federbeine über. Sehr direktes Feedback und Einlenkverhalten, man hat sofort Vertrauen in das Motorrad und ein Gefühl der unmittelbaren Kontrolle. Der Motor tut sein übriges, um den agilen Fahrspaß zu komplettieren. Er hängt gut am Gas und auch hier klingt mit einer angenehm aggressiven Note aus dem Auspuff. Glückwunsch an die Sounddesigner bei Suzuki, ihr bekommt von mir ein Auspuffdiplom.
Die Gladius bin ich nur in der Stadt gefahren, aber gerade hier ist sie auch in ihrem Element, man kann hervorragend durch den Verkehr wuseln, die Schaltung ist gefühlt auch präziser als bei der V-Strom. Gerne hätte ich das Mopped auch mal auf einer kurvigen Landstrasse bewegt, enttäuscht hätte es mich wahrscheinlich nicht.
Was mich an der Gladius stört, ist das Design. Es wölben sich allenthalben unlackierte Kunststoffteile aus dem Korpus der Maschine. Bei der von mir gefahrenen mattschwarzen Maschine fällt das am meisten auf, die anderen Lackierungen wirken da gefälliger. Trotzdem stört mich die wulstige Formensprache (was bei der Hayabusa 10 mal schlimmer ist), persönlich gefallen mir gerade Linienführungen besser.
Besonders seltsam fand ich allerdings die relativ exponierte Position des Ölfilters:
Sieht das nicht aus wie ein metallener Pillermann?
Läßt man die geschmäcklerischen Sachen mal aussen vor, ist die Gladius ein sehr spritziges Spaßmopped, welches für unter 6.000 € über den Ladentisch geht. Durchaus eine preisliche Kampfansage gegen eine Kawasaki ER-6n und auf Augenhöhe mir der Honda NC750.