Kranjska Gora ist der perfekte Ort für den Start in einen Tourtag. Nicht nur, weil man hier gut schläft und ordentlich frühstückt, sondern weil direkt hinter dem Ortsausgang die Nordrampe des Vršič-Passes beginnt. Kein Einrollen, kein Vorgeplänkel – einfach direkt rein in die 50 Kehren, viele davon noch mit dem originalen Kopfsteinpflaster aus Zeiten der k.u.k. Armee. Der Pass wurde im Ersten Weltkrieg von russischen Kriegsgefangenen gebaut – ein Mahnmal und eine Kapelle erinnern an diese Geschichte.


Oben auf 1.611 Metern angekommen, eröffnet sich der Blick ins Soča-Tal. Und ab da wird’s wirklich spektakulär. Die Straße schlängelt sich in sanften Bögen dem türkisfarbenen Fluss entlang – glasklar, eiskalt und landschaftlich schwer zu toppen. Wer hier durchrauscht, macht was falsch. Wir halten gefühlt alle paar hundert Meter an, schießen Fotos, lassen die Drohne fliegen. Die G/S wird kurzerhand direkt ins Flussbett gestellt – alles für den Shot.





Dann orientieren wir und südlich und verlassen bei Kobarid die Staatsstrasse 203 die Hauptstrecke und fahren weiter Richtung Livek. Ein kurzes Stück später sind wir in Italien. Im Bergdorf Montemaggiore halte ich spontan an, vor einem Haus stehen Plastikmöbel und über der Tür blinkt ein kleines Neonschild „Aperto“. Kurze Nachfrage: ja, es gibt auch was zu Essen. Drei Sorten hausgemachte Nudeln und ein Blick ins Tal bei dem man die Küstenlinie der Adria sehen kann. Viel mehr braucht’s nicht.







Danach wird’s eng. Auf kaum mehr als einspurigen Straßen und mit sehr wenig Verkehr wurschteln wir uns durchs Grenzgebiet. Die slowenische Grenzkammstraße – ehemals militärisch genutzt, heute durchgehend asphaltiert – führt auf rund 40 Kilometern über die Hochebene entlang der Grenze. Meist verläuft sie auf über 1.000 Metern Höhe, mal durch Wald, mal durch offene Wiesenhänge, immer mit viel Aussicht. Die Straße ist schmal, teils holprig, aber der Charakter: ganz groß. Hier fährt man nicht schnell, sondern mit viel Gefühl und noch mehr Genuss.
Die Route führt uns zurück nach Livek und Kobarid und wir fahren wieder nördlich nach Boveç und Richtung Mangart. Die Mangartstraße ist die höchste befahrbare Straße Sloweniens. Sie führt vom Predilpass kommend auf 11 Kehren und durch fünf Tunnels bis auf etwa 2.055 Meter Höhe unterhalb des Mangart-Gipfels (2.679 m). Es ist bereits 17:30 Uhr und das Mauthäuschen ist nicht besetzt. So kommen wir gratis in den Genuß des spektakulären Asphaltbandes. Am Abend ist kaum noch jemand unterwegs – und der Blick von dort oben ins Tal, mit den letzten Sonnenstrahlen des Tages, ist schwer zu beschreiben. Einfach still werden und schauen.



Über den Neveasattel (Passo Nevea, 1.190 m) rollen wir in die Dämmerung hinein und erreichen nach ein paar letzten Kurven unser Quartier – ein Landgasthof bei Venzone. Pizza, Stiefelbier und die leise Vorfreude auf Tag 3.
Die gefahrene Route findet ihr hier (inkl. GPX-Download), für die 264km sassen wir knapp 6 Stunden im Sattel.
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