Eine Motorrad-Weltumrundung klingt erstmal nach Fernweh, offenen Pässen und langen Abenden am Lagerfeuer. Nach Reiseblogs, Stickern auf Alukoffern und Menschen, die alles hinter sich lassen. Aber was Sam Sunderland vorhat, ist das genaue Gegenteil. Kein Sabbatical, keine Selbstfindung – sondern ein Wettlauf gegen die Zeit. Der zweifache Dakar-Sieger will im September 2025 den offiziellen Weltrekord für die schnellste Erdumrundung auf dem Motorrad knacken. In weniger als 20 Tagen. Allein. Auf Asphalt, Schotter, in Hitze, Kälte, Wind und Jetlag.

Das Ziel: 19 Tage, 8 Stunden, 25 Minuten unterbieten

Der aktuelle Rekord stammt aus dem Jahr 2002. Kevin und Julia Sanders umrundeten damals die Welt in 19 Tagen, 8 Stunden und 25 Minuten. Seitdem hat sich die Welt verändert. Manche Grenzen sind einfacher geworden, viele andere nicht. Der Verkehr hat zugenommen, die Bürokratie auch. Und trotzdem – oder gerade deshalb – will Sunderland es wagen. Nicht, um einfach schneller zu sein. Sondern um zu zeigen, was mit Willen, Planung und Durchhaltevermögen möglich ist. Sein Ziel: den Maßstab so hoch setzen, dass es wirklich jemand Neues braucht, um ihn zu überbieten.

Von London einmal rund um den Globus

Gestartet wird in London. Von dort führt die Route über Frankreich, Italien und den Balkan bis in die Türkei. Dann durch Saudi-Arabien in die Vereinigten Arabischen Emirate. Ein Flug bringt Fahrer und Bike nach Australien, wo es durch den Outback weitergeht. Danach folgt Neuseeland, ehe es über den Pazifik in die USA und nach Kanada geht. In Marokko erreicht Sunderland schließlich den afrikanischen Kontinent, bevor es über Spanien zurück nach England geht.

Mindestens 18.000 Meilen muss er dabei auf der Straße zurücklegen. Und er muss zwei Punkte auf der Erde erreichen, die genau gegenüberliegen – sogenannte Antipoden. Während der Flüge über die Ozeane wird die Zeit gestoppt, aber alles andere zählt: Straßenverhältnisse, Grenzübertritte, Pannen, Schlafmangel, Wetterumschwünge.

1000 Meilen am Tag – keine Spielräume

Zur Einordnung: Bei der Dakar Rallye, dem wohl härtesten Offroad-Rennen der Welt, legen die Fahrer rund 5.000 Meilen in 10 bis 15 Tagen zurück. Sam Sunderland hat diese Rallye zweimal gewonnen. Jetzt will er täglich die doppelte Distanz fahren, fast drei Wochen lang. 1.000 Meilen pro Tag im Sattel. 15 bis 16 Stunden Fahrzeit. Kaum Schlaf. Kaum Regeneration. Dafür Jetlag, Straßensperrungen, Zollformulare und Tageshitze.

Und doch ist genau das für Sunderland der Reiz: das Ungewisse, das Unplanbare, der Kampf gegen sich selbst. „Ich will nicht nur ein bisschen schneller sein“, sagt er. „Ich will einen neuen Maßstab setzen.“

Die Maschine: eine fast serienmäßige Triumph Tiger 1200 Rally Explorer

Wer glaubt, dass Sunderland auf einem ultraleichten Spezialumbau unterwegs ist, liegt falsch. Gefahren wird eine Triumph Tiger 1200 Rally Explorer – so gut wie serienmäßig. Ein paar Extras wie Gepäckträger aus dem Original-Zubehörprogramm, eine Kameraausrüstung zur Dokumentation und die passenden Michelin Anakee Road-Reifen – das war’s. Der Rest ist Serienzustand. Der 30-Liter-Tank ermöglicht lange Tagesetappen ohne ständiges Nachtanken, der 10.000-Meilen-Intervall spart unnötige Werkstattstopps. Sollte unterwegs doch mal etwas fällig werden, kann Sunderland auf das weltweite Triumph-Händlernetz zurückgreifen.

Sam Sunderland: Dakar-Sieger, Abenteurer, Familienvater

Sunderland ist kein Unbekannter. 2017 und 2022 gewann er die Rallye Dakar – als erster Brite überhaupt. Seine Karriere ist geprägt von Rückschlägen: schwere Stürze, verletzte Wirbelsäule, Rennabbrüche. Aber immer wieder kam er zurück. 2025 wechselte er für die Dakar erstmals auf vier Räder – als Navigator im Team von Toby Price. Parallel wurde er Markenbotschafter für Triumph und entwickelte mit der Marke neue Abenteuerprojekte. Die Weltumrundung ist das erste große davon.

Der gebürtige Brite wuchs in Poole auf, entdeckte das Motorradfahren auf einer ausgeliehenen Crossmaschine und arbeitete nach einem heftigen Sturz zunächst als Aufzugsmonteur. Über einen Zufall fand er zurück zum Motorsport – und schließlich zur Dakar.

Reise oder Rekord? Beides. Und weder noch.

Wer sich mit Motorradreisen beschäftigt, denkt dabei meist an Geschichten wie die meines Kumpels Rolf Lange. Rolf war 15 Monate unterwegs, umrundete die Welt mit viel Zeit, Ruhe und offenen Augen. Er sammelte Geschichten, keine Kilometer. Fuhr Umwege, blieb hängen, wenn’s spannend wurde. So sieht das romantische Ideal einer Motorrad-Weltreise aus. Sam Sunderland fährt dagegen auf direktem Weg – durch, nicht drumrum. Keine Zeit für Umwege, keine Zeit für Erklärungen. Und doch ist es am Ende auch eine Reise – nur eben eine in den Grenzbereich von Mensch und Maschine.

Fazit

Sunderland startet im September. Ob er den Rekord knackt, bleibt offen. Klar ist: Die Aktion wird anstrengend, brutal, vielleicht auch ein bisschen verrückt. Aber genau das macht sie interessant. Eine Weltumrundung ist immer ein Abenteuer – egal, ob in 15 Monaten oder 19 Tagen. Wer Sams Rekordversuch mitverfolgen will, kann das auf den Kanälen von Red Bull tun. Es wird eine Reise ohne Filter – und ein Härtetest für alles, was zwei Räder hat.

Fotos: Red Bull Content Pool