Rund um die diesjährige Bike Shed Show in London sowie das finale Club of Newchurch-Festival in Österreich präsentierte Royal Enfield wieder einmal eindrucksvoll, warum die Marke zu den beliebtesten Plattformen in der internationalen Customszene gehört. Drei Umbauten stechen besonders hervor – „The Kingsman“ von Kingston Custom, „Fury 650“ von Fuel Motorcycles und eine agile Supermoto-Bear 650 von LSL-Motorradtechnik. Drei Bikes, drei Stilrichtungen – aber ein gemeinsamer Nenner: Leidenschaft für gutes Motorrad-Design.
The Kingsman – Der Gentleman-Racer von Kingston Custom
Dirk Oehlerking von Kingston Custom ist bekannt für seine skulpturalen Umbauten, bei denen Technik und Kunsthandwerk eine nahezu symbiotische Beziehung eingehen. Mit dem Projekt The Kingsman, das auf der Royal Enfield Shotgun 650 basiert, hat er sich selbst übertroffen. Das Motorrad wurde in seinem Atelier – einer ehemaligen Schmiede im Ruhrgebiet – vollständig von Hand gefertigt. Das gesamte Bodywork besteht aus 2 mm starkem Aluminium, das Oehlerking in klassischer Handarbeit formte. Der Umbau misst fast vier Meter in der Länge und wirkt wie ein Art-Deco-Monument auf zwei Rädern.





Dabei ist The Kingsman nicht nur eine Studie in Eleganz, sondern auch eine Hommage an britische Gentlemen-Kultur. In Anlehnung an den gleichnamigen Filmklassiker trägt das Motorrad eine ganze Reihe stilvoller Accessoires: Neben Spiegel, Kamm, Besteck und Flaschenöffner finden sich auch eine kleine Flasche Gin und Tonic sowie ein integrierter Regenschirm an Bord. Der Tacho ist in den Hauptscheinwerfer integriert, das Rücklicht stammt stilecht aus einem Cadillac von 1958. Der originale Royal Enfield Rahmen wurde lediglich im Bereich der Schwinge um 100 mm verlängert, um die Proportionen des Designs zu stützen. Technisch blieb vieles original, was unterstreicht: Hier stand die Form im Vordergrund, nicht die Funktion – und genau das macht The Kingsman zu einem echten Kunstobjekt.
Oehlerking beweist einmal mehr, dass Customizing weit über reine Individualisierung hinausgehen kann. The Kingsman ist keine fahrbare Skulptur, sondern ein Manifest darüber, wie viel Emotion, Handwerkskunst und kulturelle Referenz in einem Motorrad stecken können.
Fury 650 – Der Wüstenjäger von Fuel Motorcycles
Während bei Kingston Custom Eleganz und Detailverliebtheit im Mittelpunkt stehen, dreht sich bei Fuel Motorcycles alles um Funktion, Abenteuerlust und Offroad-Kompetenz. Mit der Fury 650 haben die Spanier aus Barcelona der neuen Royal Enfield Bear 650 ein zweites, staubigeres Leben eingehaucht – als wüstentaugliches Rallye-Bike mit Retro-Soul. Der Umbau ist inspiriert von der legendären Big Bear Run der 1960er Jahre und dem damaligen Rennfahrer Eddie Mulder, dessen Startnummer stolz auf den Seitendeckeln prangt.




Die Fury ist weit mehr als eine optische Veredelung. Fuel ersetzte das serienmäßige 19-Zoll-Vorderrad durch ein 21-Zoll-Motocross-Rad, um die Offroad-Fähigkeiten drastisch zu verbessern. Dazu kommen Mitas Dakar 6 Reifen, ein robuster Motorschutz, längere Bitubo-Federbeine mit externen Reservoirs und ein Enduro-Vorderradschutzblech. Die serienmäßige Sitzbank wurde neu geformt, mit wasserabweisendem Alcantara bezogen und hebt sich visuell wie funktional klar vom Serienmodell ab.
Besonderes Augenmerk verdient das Cockpit: Neben einem klassischen Rallye-Roadbook und einem GPS-Navigationssystem sorgt ein doppelscheinwerfer-Setup mit Schutzgitter und abnehmbarer Abdeckung für den typischen Rallye-Look. Gesteuert wird alles über eine Motogadget m.unit, die die Elektrik vollständig neu organisiert. Für die neue Auspuffführung wurde ein eigener Sammler entwickelt, dazu ein leichterer, angepasster Endtopf – um dem 650er-Twin mehr Luft zum Atmen und Sound zum Brüllen zu geben.
Kurz gesagt: Die Fury 650 ist ein echtes Abenteuergerät – gebaut für die Scram Africa, die Baja 1000 oder einfach das nächste Kiesbett vor der Haustür. Robust, fokussiert, kompromisslos – ein Bike, das genauso viel Charakter wie Bodenfreiheit mitbringt.
LSL Bear 650 – Supermoto mit Spieltrieb
Beim diesjährigen Club of Newchurch, das diese Woche letzten Mal im österreichischen Neukirchen stattfindet, sorgte Jochen Schmitz-Linkweiler mit einem ganz besonderen Abschiedsgeschenk für Aufsehen. Gemeinsam mit Hauptsponsor Royal Enfield baute der Gründer von LSL-Motorradtechnik eine Bear 650 in ein supermotoeskes Bike um, das sowohl technisch als auch optisch konsequent auf sportlichen Fahrspaß getrimmt wurde.



Im Zentrum des Umbaus stand die Transformation des Chassis in Richtung Supermoto: Das 17-Zoll-Vorderrad wurde mit neu gefräster Nabe, speziell angepassten Buchsen, ABS-Ring, Steckachse und Aufnahme für die Bremsscheibe komplett neu aufgebaut. Der Radstand wurde verlängert, die Position der Fußrasten neu definiert, Schalt- und Bremshebel gekürzt – alles für eine zentralisierte, aktive Fahrhaltung mit viel Feedback. Ergänzt wurde das Setup durch einstellbare Federbeine von HYPERPRO, griffige Bridgestone AX41S-Reifen und einen sportlichen Edelstahl-Endtopf von REMUS.
Auch optisch wurde Hand angelegt: Neue Halter für Scheinwerfer, Blinker und Schutzbleche, ein Aluminium-Kettenschutz und eine neu bezogene Sitzbank sorgen für den sportlich-aggressiven Look. Die Beleuchtung wurde auf LED-Technik umgestellt, Blinker und Spiegel stammen von DAYTONA. Entstanden ist ein Bike, das mit seinem klaren Design und seinem präzisen Fahrverhalten nicht nur in engen Kehren glänzt, sondern auch auf der Landstraße echten Spieltrieb entfaltet.
Für Schmitz-Linkweiler ist es der passende Schlussstrich unter Jahrzehnte in der Customszene. Oder wie er es selbst formuliert: „Die Bear bot eine überraschend gute Basis – und das Ergebnis hat meine Erwartungen deutlich übertroffen.“ Ein würdiger Abschluss – mit Vollgas.
Fazit: Drei Richtungen, eine Philosophie
Ob Art Deco meets Motorcycle wie bei Kingston, Dakar Spirit wie bei Fuel oder Fahrspaß pur wie bei LSL – alle drei Umbauten zeigen eindrucksvoll, wie wandelbar die Royal Enfield Plattformen sind. Mit der Shotgun 650 und der Bear 650 hat der indische Hersteller Modelle im Portfolio, die sowohl Design-Ästheten als auch Performance-Fans inspirieren. Royal Enfield versteht es, Kreativität Raum zu geben – und die Customszene nimmt die Einladung nur zu gerne an.
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