Ducati meint es ernst. Nicht mit einer Scrambler-Optik auf Glamping-Niveau, sondern mit einem richtigen Motocross-Bike. Die neue Desmo450 MX ist das erste Offroad-Motorrad aus Borgo Panigale – und gleich ein ziemlicher Paukenschlag.

Die Technik kommt nicht irgendwoher: Der Einzylinder basiert auf dem Wissen aus der MotoGP, inklusive des typischen desmodromischen Ventiltriebs. Ducati ist aktuell der einzige Hersteller, der dieses System im Motocross einsetzt. Das erlaubt hohe Drehzahlen, aggressive Nockenprofile und riesige Ventildurchmesser (40 mm Einlass, 33 mm Auslass). Und das Ergebnis kann sich sehen lassen: 63,5 PS bei 9.400 U/min, 53,5 Nm bei 7.500 U/min, Begrenzer erst bei 11.900 U/min. Dazu ein sehr breites nutzbares Drehzahlband und 70 % des Drehmoments schon bei 4.200 Touren.

Auch das Fahrwerk wurde nicht aus dem Baukasten gezogen. Der Alu-Rahmen besteht aus nur elf Teilen, wiegt knapp neun Kilo und hat besonders wenige Schweißnähte – für mehr Steifigkeit und weniger Gewicht. Die komplette Fuhre bringt 104,8 Kilo auf die Waage (ohne Sprit).

Das Rahmendesign ist nicht nur stabil, sondern auch schrauberfreundlich. Stoßdämpfer rausnehmen? Geht in Minuten. Und die Details erinnern eher an ein Superbiketeil als an ein klassisches MX-Bike.

Die Ducati Desmo450 MX setzt beim Fahrwerk auf bewährte Komponenten aus dem Rennsport. Vorne arbeitet eine voll einstellbare 49-mm-Upside-Down-Gabel von Showa mit 310 Millimetern Federweg und Kashima-Beschichtung. Hinten kommt ebenfalls ein Showa-Federbein zum Einsatz, das zentral montiert ist und 301 Millimeter Federweg bietet. Die Umlenkung besteht aus geschmiedetem Aluminium und wurde mit Blick auf eine progressive Charakteristik direkt im Rennbetrieb entwickelt. Auch bei der Bremsanlage setzt Ducati auf Qualität: Vorne verzögert ein Brembo-Zweikolben-Sattel auf einer 260-Millimeter-Galfer-Scheibe, hinten kommt ein Einkolben-Sattel mit 240-Millimeter-Scheibe zum Einsatz. Die Entscheidung gegen eine Luftfederung zugunsten klassischer Stahlfedern zeigt, dass Ducati vor allem auch ambitionierte Hobbyfahrer im Blick hat – einfacher abzustimmen, robuster im Alltag und wartungsärmer.

Elektronik in der MX-Klasse? Ducati sagt: Warum nicht.
Die Ducati Traction Control (DTC) ist ein echtes Alleinstellungsmerkmal. Kein Alibi-System, sondern mit Sensorik, die den realen Hinterradschlupf erkennt und blitzschnell reagiert. Das System erkennt sogar, wann es nicht eingreifen soll – etwa beim Springen oder beim Rausbeschleunigen auf losem Untergrund. Kurz deaktivieren geht per Kupplungshebel, Wiedereinstieg automatisch.
Dazu: Launch Control, Engine Brake Control, zwei Power-Modes, zwei Riding Modes – alle über die X-Link App konfigurierbar.

Das 5-Gang-Getriebe kommt serienmäßig mit Schaltautomat. Und was die Wartung angeht: Kolbenwechsel alle 45 Stunden, Ventilspielkontrolle ebenfalls alle 45 Stunden, Motorüberholung nach 90 Stunden. Das liegt im marktüblichen Bereich – KTM & Co. bieten da keinen nennenswerten Vorteil.

Fazit

Ducati hat sich Zeit gelassen – aber das Ergebnis macht klar: Hier will jemand nicht nur mitspielen. Die Desmo450 MX bringt MotoGP-Knowhow ins Gelände und setzt in Sachen Technik, Elektronik und Verarbeitung neue Maßstäbe. Und wer weiß – vielleicht sieht man ja bald die ersten Ducatisti mit Stollenreifen am Café stehen. Warum auch nicht.