Ihr kennt bereits Stefan Tappert aus unserem TwinSpark Podcast #23 und als Mitgründer von Eastmoto. Ich habe ihn als sehr umtriebiges Kerlchen kennengelernt und er hat sich mal wieder etwas Neues überlegt. Wovon es sich handelt und wie es dazu kam, das erzählt er Euch besser selber im folgenden Gastbeitrag:
Oh ja, es ist der 23.12.2023 – es regnet schon wieder wie aus Eimern und die Temperaturen liegen so um die 4 Grad. Weihnachten. Nix tun oder ähnliches kommt mir persönlich da weniger in den Sinn. Eigentlich heißt es jetzt raus aufs Moped und ab ins Gelände. Ja – aber heute bleibt es beim eigentlich, denn der rechte Fuß oder besser die Bänder sagen immer noch „Schön langsam, mein Freund!“
Wenn´s sein muss, dann habe ich wohl keine Wahl und freue mich in dem Moment um so mehr, dass mein Freund Alex „ja“ gesagt hat. Wozu? Na, wenigstens einen Gedankenausflug zu machen, ganz ohne Sprit tanken zu müssen und auch ohne den heute wohl notwendigen Zwiebellook anzulegen. Kopfkino ist angesagt – und da kann man ja am Jahresende ganz einfach in beide Richtungen schauen.
Zurückgeschaut war mein Motorradjahr 2023 von wirklich spannenden Events geprägt – in meinem Job als Kameramann und kreativer Videoproduzent für BMW durfte ich die Markteinführung einer neuen Ikone von 0-100 miterleben. Die neue GS kommt auf den Markt und alle Welt ist gespannt – kann die wirklich so viel mehr? (Alex war ja auch da und hat seine Erfahrungen hier im Blog aufgeschrieben)
Wow. Drei Wochen durch die andalusischen Berge rund um Malaga und Ronda – das waren wohl die besten Motorradkilometer meines Bikerlebens auf der Straße. Und dabei bin ich gar nicht so oft die neue R 1300 GS gefahren, sondern eher mit meiner eigenen 1250er. Aber diese Kurvenlage, diese zauberhaften Straßen und die coolen Kollegen haben Herbsttage mit 22 Grad zu einem unvergesslichen Erlebnis werden lassen. Und das selbst nach so vielen Jahren und so vielen zehntausend Kilometern. Das Vorderrad taucht ein, langsam neigt sich alles, das Hinterrad schiebt konstant kraftvoll und der Straßenbelag ist extrem griffig – das ist Südspanien, wenn es trocken ist. Bei aller Euphorie sei aber auch gesagt – fällt hier nur ein Tropfen Regen, wird aus der griffigen Superstraße eine muschelkalkunterlegte Schlittschuhbahn. Es ist so rutschig, da muss man selbst beim Laufen aufpassen. Also Dr. Jekyll und Mister Hyde sitzen hier beide im Vorstand der Straßenbaucompany.
Und da war für mich noch eine zweite große Story in Sachen Motorrad. Eigentlich bin ich mit meinen Freunden ja nur Offroad unterwegs. Und auch hier war Alex ja dabei und der erste, der unsere kleine Offroad-Tourfirma eastmoto.de begleitet hat. Das war vor mehr als zwei Jahren in der Nähe von Rheinsberg. Die Idee von damals hat in der Zwischenzeit nicht nur laufen gelernt, nein sehr viele Enduristen von der Nordsee bis zur Schweiz sind gekommen, um den Brandenburger Sand lieben zu lernen. Da aber Rheinsberg verdammt weit von meinem eigentlichen Standort entfernt ist und ich schon lange mit einer Verlegung in den Süden von Berlin geliebäugelt habe, war 2023 der richtige Zeitpunkt dafür.
Also hier ist sie nun – die neue Firmierung namens Enduromoto. Und alles was jetzt kommt, lässt mich schon wieder ganz unruhig werden. Denn eigentlich sollte der Rest mit nem Helm auf dem Kopf erzählt werden. Ach Mann – Regen, Weihnachten, Fuß.
Aber der Reihe nach. Rund um Beelitz heißt die Devise – denn auch hier ist Brandenburg reich gesegnet mit den Möglichkeiten, legal Offroad zu fahren. Das klingt zwar immer super pedantisch, ist aber gar nicht so gemeint. Wichtig ist nur – wir ballern nicht querfeldein durch den Wald, weil wir ja Wege haben, die als Straßen gewidmet sind, das Wort Straße aber beim besten Willen nicht verdienen. Und das ist natürlich gut so für Leute wie uns. Ich habe von so vielen Tourteilnehmern gehört, dass man sich nirgendwo anders in Deutschland vorstellen kann, wie frei wir hier fahren können. Für mich ist das leider schon viel zu normal, dass ich andersherum in anderen Landesteilen eher schnell an meine Grenzen komme. So von wegen – „Wie, auf diesem Weg darf ich jetzt nicht fahren?“. Aber ein Freund sagt immer, dass wir mehr als froh sein können, dass wir hier in Brandenburg eher von Rainald Grebe als hinterwäldlerisch besungen werden, aber dafür unsere Freiheit im Dreck behalten. Wohl war.
So, was macht man denn nun in Beelitz, der Stadt die durch den Spargel im Osten berühmt geworden ist. Am besten fährt man gleich wieder raus und wechselt über nach Beelitz-Heilstätten. Lost Places, Lungenheilanstalt, Baumwipfelpfad – hier sollte eine richtige Brandenburgtour beginnen. Unser Team hat vor einem halben Jahr noch kräftig diskutiert, ob es nicht bessere Hotels direkt auf der Strecke gäbe. Aber nach unserem ersten Besuch beim Hotelcheck und nur 500 Meter bis zum Eintauchen in die Offroadlandschaft war der Daumen schnell oben.
Hier soll es sein. Hier wollen wir fahren. Hier ist es eindrucksvoll. Besonders nach den Bränden vor zwei Jahren, als ich zuhause schon alles ins Auto gepackt hatte, Motorradhänger geladen und abfahrbereit. Es waren genau noch 1.000 Meter von den Bränden bis zum Gartenzaun. Wenn man daran denkt, ist die Fahrt durch die Geistergegend noch erhebender.
Rutschen, Gas geben, Sand, Spur halten, Notbremsung – wo es in anderen Landesteilen professionelle Parks braucht, haben wir die Qual der Wahl, endlich mal anzuhalten und auszuprobieren. Und das tun wir selbst und auch mit unseren Gästen, die ganz oft direkt von der Straße auf die Sandpiste einbiegen und alle Hände (und Füße) zu tun haben, sich im Kopf umzustellen. Solch eine Tour ist ja auch nix für eine Herangehensweise, die auf Straßenerfahrung aufbaut. „Lass es laufen, das Moped nimmt Dich schon mit“ sagt Martin immer, unser Guide, der mit 52 immer noch Endurorennen mitfährt.
Und Udo, der frühere Kaderfahrer, auch einer aus der Enduromotocrew, kommentiert noch „und wenn Du noch die Fußspitzen anhebst, machst Du Dich nicht so dreckig.“ und grinst dabei. Brandenburger Charme denke ich, als auch irgendwann mal Zugereister und fühle mich dabei sauwohl, mit den Jungs unser Hobby als neue Spielwiese direkt vor der Haustür ausgelegt zu haben.
Apropos Hobby, das war für mich die schönste Erfahrung im Zuge der Recherche der besten Endurowege südlich von Berlin. Es gibt immer einen, der Dich dann nochmal so richtig überrascht. Irgendwo am Wege, ein unspektakulärer Dreiseitenhof. Hier soll die Perle der brandenburgischen Motorradgeschichte liegen. Los – wir müssen hin, denke ich im September und schon öffnet sich für uns Sonntag morgens eine Scheunentür. Und da stehen dann 30 Mopeds aus wohl anderen Jahrzehnten der mehr als 100-jährigen Motorradgeschichte. Faszinierend und wahnsinnig gut erhalten stehen sie da und werden sogar noch bewegt. „Unglaublich“ denke ich und drehe mich nach 30 Minuten der Ausgangstür zu, als der Besitzer sagt „Moment mal, komm mal mit!“ Wir gehen eine Wendeltreppe höher und BÄM. Da unten war nur der lockere Eingangsbereich. Denn hier sind die ersten Motorräder auf Fahrradbasis, die ersten Boxermotoren, Karbidlampen – hier ist alles zu sehen, was man sich als Technikfan nur wünschen kann. Ich schätze mal an die 150 Fahrzeuge stehen hier im bestens ausgebauten Scheunendach im Licht und lassen jeden Besucher mit offenem Mund stehen.
Mit diesem Highlight 2023 im Kopf haben wir uns dann gefragt, wie man das jetzt noch steigern kann. Ideen von Kasernen und Flugplätzen haben wir verworfen und sind einfach mal zurück zu den Basics. Denn wenn wir bei unseren Dörfern aus Seitenstraßen ins nächste Dorf fahren, bedeutet das immer über Stock und Stein, manchmal über breiteste Sandpisten, über Wellenwege, wo man seekrank wird und dann wieder zurück an Maisfeldern vorbei. Selbst bei der Wiese von Otto von Lilienthal haben wir gestoppt. Ein Wahnsinnsblick über die Havelauen. Ach, schon das Scouten war so cool, dass wir am liebsten jedes Wochenende ausrücken würden. Aber wir wollen das ja mit Gästen machen. Jedenfalls 6 mal im Jahr – ganz kleine exklusive Truppen von nur sechs Leuten und zwei Guides, mehr soll es gar nicht sein im Jahr 2024.
Denn wenn ich jetzt nach vorn schaue, also genau noch eine Woche hin, dann ist ja schon Silvester 2023. Vielleicht ist es ja dann schon trockener und wir können zu einer letzten Proberunde aufbrechen. Denn ab März sollen unsere Räder im wohl schönsten deutschen Offroad-Bundesland rollen. Viel Zeit ist nicht. Umso besser. Umso früher können wir wieder raus zum schönsten Hobby der Welt und lernen andere „Verrückte“ wie uns kennen. Herrlich.
@_spiberg_
Ja Brandenburg ist ein herrlicher Spielplatz für Offroader. Ich wohne an der Stadtgrenze zu Berlin, im schönen Havelland. Da kannst du stundenlang durch den Dreck wühlen und meistens sogar noch nett gegrüßt. Wenn man sich benimmt und nicht übertreibt.