Irgendwie sind wir ja froh, dass die Motorrad-Bekleidungsindustrie in den letzten zehn Jahren so viel Fortschritte gemacht hat. Und wir nicht in Textil- oder Motorradwürsten unterwegs sein müssen, um geschützt zu sein. Gerade im Segment der Motorrad-Jeans gibt es mittlerweile sehr bequeme und dennoch sichere Modelle. Auf unserer Alpenblitz 2022 Tour hatten wir die Möglichkeit, drei Modelle des spanischen Labels Fuel Motorcycles auf Herz und Nieren zu testen. Drei Fahrer, drei unterschiedliche Hosen. Hier sind unsere Eindrücke nach sieben Tagen und 1.700 Kilometern.
Alex: Fuel Sergeant 2.0 Waxed Denim
Die Sergeant 2.0 Waxed Denim in der überarbeiteten Version ist seit diesem Jahr neu auf dem Markt. Der Klassiker wurde komplett überarbeitet und verbessert, ohne das etablierte Design zu verändern, was mir schon von jeher zugesagt hatte. In der Vergangenheit bin ich schon diverse Motorrad-Jeans gefahren, angefangen von Maple Motorcycles (Modell Bonnie und 1976) bis hin zu meiner aktuellen Course Motorradjeans. Letztere habe ich meistens bei kürzeren Etappen durch die Stadt oder kleineren Touren getragen. Auf großer Tour blieb ich dann doch wieder bei meiner klassischen Motorradkombi. Nicht zuletzt wegen der bessern Sicherheitsausstattung. Fürs untenrum stellt die aktuelle Fuel Sergeant aber eine echte Alternative dar, denn die blauschwarze Motorradhose im wasserabweisenden Jeans-Look hat ein AAA CE Zertifikat.
Die verwendete Baumwolle ist mit einer speziellen, exklusiv für Fuel entwickelten Technologie ausgestattet, die das einlagige Material extrem abriebfest und robust macht. Dieses FUEL 3CORE®-Gewebe verfügt über eine sogenannte Triple-Core-Technologie und wird durch die Kombination von drei verschiedenen Materialien (Polyamid, Baumwolle und Elastan) gebildet, die zusammen eine einzige Schicht bilden. Diese Technologie bietet die höchste Abriebfestigkeitsklasse, ein geringes Gewicht und ist sehr bequem. Anständige Hüft- und Knieprotektoren komplettieren die Sicherheitsausstattung.
Die Passform wurde verbessert, die Größen entsprechen sind nun wirklich true to size. Bei mir ist es die Größe 36 geworden, wobei ich dabei noch etwas Puffer um die Hüfte habe für z.B. wärmere Unterwäsche. Oder das ein oder andere Corona-Kilo. Mit der Standardlänge 33 hatte ich kein Problem, das passte bei mir perfekt, zudem trug ich die Hose eh in den Stiefeln.
Die Taschen für die Knieprotektoren sind von außen zugänglich und mit einem zusätzlichem Klettverschluss ausgestattet, sodass lästiges Verrutschen der Protektoren verhindert wird und sie in der Position verstellt werden können. Einmal fixiert behielten die Protektoren ihre Position, ich hatte auch nicht das Bedürfnis, sie herauszunehmen, da sie so bequem saßen und überhaupt nicht gestört haben.
Neben der sehr guten Passform und der sehr guten Sicherheitsausstattung hat mich an der Hose nicht zuletzt die Optik überzeugt. Der lässige Look, der an frühere Militärhosen erinnert, wird sehr schön durch die Steppungen und Stretcheinsätze aber auch durch die Wildlederstreifen an der Innen- und Außenseite betont. Insofern fand ich sie die perfekte Ergänzung zu meiner Belstaff Jacke.
Auf Tour war sie wirklich sehr angenehm zu tragen. Anfangs trug ich noch einen Baselayer drunter, den ich aber ab dem dritten Fahrtag weggelassen habe, denn die Hose trug ich wirklich sehr angenehm auch auf der blanken Haut – auch bei höheren Temperaturen über 30 Grad.
Die gewachste Hose ist auch wasserabweisend. Viel Gelegenheit, dies zu beweisen hatte sie nicht, aber das Gewitter auf dem Weg zum Passo di Crocedomini hat gereicht, um zu zeigen, dass man Getrost die Regenhose erstmal im Gepäck lassen kann: die Sergeant schlug sich hier sehr bravourös.
Die Fuel Sergeant 2.0 Waxed Denim bekommt auf jeden Fall einen festen Platz in meiner Motorrad-Garderobe und wird wohl von Mai bis Oktober meine erste Wahl bei den Hosen sein.
Stephan: Fuel Sergeant 2.0 Sahara
Ich gestehe gleich zu Beginn: To ride in style ist für mich ein wichtiges Ding. Mindestens genauso wichtig ist aber auch die Sicherheit. Damals noch führerscheinlos warf ich hin und wieder ein Auge auf die Motorradwelt und war doch eher abgeschreckt von der Kleidung, die sowohl alltagsuntauglich war, als auch schlicht nicht sexy. Da für mich das Motorrad ein reines Freizeitvergnügen darstellt und kein Daily Commuter ist, muss das Auge einfach mitessen. Ich mag den Lifestyle und ich sehe einfach gern voll geil aus. Zumindest in dem Bereich, den ich beeinflussen kann: Klamotten.
Als ich 2021 meinen Moppedführerschein machte, fiel mir sofort Fuel als Marke auf. Irgendwie stimmt einfach alles bei denen. Vor allem in die Fuel Sergeant hatte ich mich schockverliebt. Da ich als Frischling erstmal ein Gefühl für das neue Hobby bekommen wollte, konnte ich nicht gleich in die finanziellen Vollen gehen. Immerhin waren Schein plus Honda CB 1100 sowie Grundausstattung erstmal ein ziemlicher Hammer. Und wer hätte ahnen können, dass mir das neue Hobby soviel Vergnügen bereitet.
Dieses Frühjahr bot sich mir die einmalige Gelegenheit im Rahmen der Alpenblitz Tour die Fuel Sergeant 2.0 Sahara zu testen. Eine Woche lang war nichts zwischen der Hose und mir. Wir klebten und rieben uns aneinander und nach anfänglichen Anpassungsproblemen sind wir Freunde geworden. Ich möchte die Hose nicht mehr hergeben. AAA CE Zertifizierung, starker Look und Single Layer Konstruktion, was will man eigentlich mehr?
Die Steppnähte, die Farbe Sahara und die dehnbaren Akkordeoneinsätze machen die Hose einerseits auffällig und bequem. Andererseits sieht sie lässig und auch zurückhaltend aus. Das ist wirklich gut gelungen.
Dennoch gibt es ein paar Kritikpunkte, die genannt werden müssen. Dazu gehört die Hosengröße. Es gibt die Fuel Sergeant zwar in unterschiedlichen Größen, doch die Hosenbeinlänge bleibt mehr oder minder gleich. Das hat für große Menschen zur Folge, dass es unten schnell luftig werden. Dieses Problem löst man mit hohen Stiefeln, in die sich die Hose stylisch stecken lässt und wo sie rein looktechnisch irgendwie auch hingehört. Viel entscheidender ist allerdings die Positionierung der Knieprotektoren. Diese sind zwar in der Höhe anpassbar, aber mit meinen 1,90 m liegen die Protektoren mehr auf den Oberschenkeln, als direkt am Knie. Das ist nicht nur störend, sondern schmälert das Sicherheitsempfinden nicht unerheblich.
Ein weiterer Punkt ist die Verarbeitungsqualität. Auf den ersten Blick ist die Hose build like a tank. Doch nach wenigen Fahrtagen auf der BMW rninet löste sich bereits der Klettverschluss an den Knien, der die Knie-Protektorentasche verschließt. Auch ein, zwei Enden von Fäden an Nähten sind herausgekommen. Bei einer Hose im Bereich 300,- € plus meiner Meinung nach ein absolutes No-Go.
Dennoch bleibt für mich: Ich liebe diese Hose. Sie sieht toll aus, ist an sich bequem zu tragen und das Temperaturmanagement passt auch für mich. In Italien kommt man zwar mal ins Schwitzen, aber das hielt sich im Rahmen. Wenn Fuel unterschiedliche Beinlängen anbieten würde und die Qualitätskontrolle etwas ernster nehmen würde, wäre die Hose für mich das Beste, was es da draußen zu kaufen gäbe. So empfehle ich die Hose unbedingt auf dem eigenen Motorrad Probe zu sitzen und die Nähte im Blick zu behalten.
Nico: Fuel Marshal Sand
Fahrer, die in ihren Körpergrößen nicht der Norm entsprechen und mit der Fuel Sergeant 2 trotz verbesserter Passform noch Probleme haben, könnten mit der neuen Marshal Hose von Fuel glücklich werden. Ich gehöre zu jenen Leuten. Bei unserer Auswahl und Anprobe der Hosen auf dem „Meet the Makers“-Festival von Bad & Bold war ich mit den Größen semi-glücklich und hätte mich schlussendlich bei der Sergeant 2 für einen Kompromiss zwischen zwei Größen entscheiden müssen.
Kurz darauf wurde die brandneue Marshal-Hose präsentiert, die durch das verwendete Stretch-Material oberhalb der Knie und an der Seite den entscheidenden Vorteil mitbringt. So konnte ich die kleinere Nummer wählen, die am Bund perfekt sitzt und am Oberschenkel zwar eng anliegt, aber trotzdem mega komfortabel ist. Dazu tragen auch die dünnen, flexiblen Level 2 Hüftprotektoren bei, die an der Hüfte kaum auftragen. Für die Knieprotektoren braucht man etwas Zeit um die korrekte Position zu finden, aber durch den seitlichen Einschub mit Reißverschluss sind die Korrekturen in der Pause schnell und ohne fluchen erledigt. Den leichten Zugriff sehe ich als großen Pluspunkt bei den Fuel Hosen. Denn wenn die Hosen schon optisch etwas her machen und dich jeder um deine Coolness beneidet, sollst du dich auch selber wohl fühlen oder?
Apropos Coolness: durch den einlagigen Aufbau wird es auch selten zu heiß in der Hose. Im Gegenteil, sie hat einen sehr breiten Wohlfühl-Temperaturbereich, in dem sie sich auch ohne lange Funktionswäsche tragen lässt. Erst um die 10-12 Grad und darunter wird es etwas frisch und ich würde zu einer weiteren Schicht greifen. Bei hochsommerlichen Temperaturen ließ es sich sogar noch bei 34 Grad besser aushalten, als in den meisten anderen Motorradhosen, die ich bisher ausprobiert habe. Im Stand mit Luft-Boxer an den Beinen oder an der Tanke sieht das natürlich wieder anders aus. Deshalb ab aufs Bike und noch eine Runde drehen.
Auch wenn ich es Abends beim Stiefelbier in der Unterkunft nicht eilig hatte aus der Hose raus zu kommen, weil sie sich wirklich sehr angenehm trägt, gibt es ein paar Kritikpunkte. Zum einen gibt es an meiner Hose ein paar Stellen, die nicht perfekt vernäht sind und Fäden abstehen. Außerdem ist auf einer Seite der Reißverschluss der Tasche zu weit oben eingenäht oder die Tasche nach unten zu lang. Dadurch entsteht ein ca. 1cm langer Schlitz schwarzen Saum, der nicht geschlossen ist. Da die Taschen sowieso nicht wasserdicht sind stört mich das nicht weiter und wird evtl. demnächst mit meinen rudimentären Nähkünsten behoben. Auf den BMW Motorrad Days letztes Wochenende habe ich mir am Stand von Bad & Bold eine andere Hose angesehen, die solche kleinen Problem nicht hatte. Ich schiebe es einfach mal auf die Tatsache, dass die Hose brandneu auf dem Markt und aus der ersten Charge war, aber trotzdem dürfen solche Sachen bei dem Preis eigentlich nicht vorkommen. Die nächste Sache, die ich unbedingt noch erwähnen will betrifft nur die Farbvariante Sand. Im Vergleich zur hellen Sergeant 2 in Sahara (die nur etwas dunkler ist), ist die sandfarbene Marshal extrem empfindlich. Nach einer Woche auf Tour sah die Hose aus wie nach einem Schrauberwochenende in der Werkstatt. Neben normalen Straßenstaub, der sich festsetzt, hatte ich ein paar schwarze Striemen in der Hose die auch nach mit dem ersten Waschen nicht wieder rausgegangen sind. Mir persönlich ist das egal, wenn ich die Hose in der Saison 2-3 mal öfter waschen muss als andere Motorradhosen. In Zukunft werde ich die Marshal eh auf meiner Scrambler tragen und sie darf sich mit der Zeit auch etwas Patina aneignen. Aber hier wünsche ich mir einen deutlichen Hinweis vom Hersteller bzw. seitens der Händler um potentielle Enttäuschungen zu vermeiden. Wenn dich, lieber Leser, bleibende Flecken und Streifen stören, dann wirst du mit der schwarzen Variante bestimmt glücklicher.
Der letzte Kritikpunkt betrifft nur diejenigen unter uns mit langen Beinen. Wie alle Fuel Motorradhosen ist die Marshal nur in einer Einheitslänge verfügbar (Bad & Bold gibt hier Größe 33 an). Obwohl Fuel sie sowohl als Over-the-Boots als auch In-the-Boots Stiefel bewirbt, wird sie bei mir quasi dazu degradiert in höheren Stiefeln getragen zu werden. Dazu eignen sich z.B. die klassischen Stiefel von TCX mit dem passenden Namen (Fuel Waterproof), die Stephan auf den Bildern mit der Sergeant Sahara trägt, oder Adventure-Stiefel auf einer Scrambler.
Trotz der genannten Punkte fällt mein Fazit zur Fuel Marshal Pants insgesamt sehr positiv aus. Die Hose ist bei weitem nicht perfekt, aber sehr sehr gut. Egal ob man sich bequem und sicher durch den Stadtverkehr bewegen will, beim Treffen neben dem Bike mit Style glänzen will oder eine längere Motorradtour im Sommer unternimmt. Aber eines zum Schluss: Wenn du eine Tourenhose für Wind und Wetter suchst, dann bist du bei dieser Fuel Hose falsch. Eigentlich wollte ich noch testen in wie weit man die Hose wachsen kann wie Alex’ Waxed Denim oder mit Imprägnierspray wettertauglich machen kann, aber dazu bin ich nicht mehr gekommen.
Fazit
Drei Fahrer, drei Hosen, drei Erfahrungen. Alle drei Modelle gibt es bei Bad & Bold für jeweils 335,00 € käuflich zu erwerben. Auch wenn es hier und da noch kleinere Kinderkrankheiten mit Nähten und Klettverschlüssen gab, sind die Fuel Hosen ein wirklich zu empfehlendes Beinkleid, welches nicht nur sehr gut aussieht sondern auch eine sehr gute Sicherheitsausstattung mit sich bringt.
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