Ich war mir unsicher, als ich morgens um 7:00 Uhr den Frühstücksraum der Pension betrat. Was hatten wir gestern Abend vereinbart? Um 7:00 aufstehen oder frühstücken? Aus der Küche plärrte laut das Radio mit schlimmster Volksmusik und die Dame wies mich energisch darauf hin, dass es noch fünf Minuten dauere, bis gefrühstückt werden konnte. Ich suchte unseren Tisch und setze mich schon mal. Als kurz darauf der Rest der Truppe kam, war es zumindest sicher, dass ich zur richtigen Zeit am richtigen Ort war.
Noch leicht zerknautscht im Gesicht, aber in Vorfreude auf den Tag frühstückten wir und etwas später knatterten wir vom Hof in Richtung Passau. Es waren nur einige Kilometer bis zur Altstadt und wir beschallten die alten Gemäuer fröhlich auf unserer kleinen Stadtrundfahrt. Da ich noch nie in Passau war, wollte ich mir zumindest einen ersten, Eindruck machen. Die historische Kulisse nutzten wir für ein weiteres Gruppenbild, bevor Siggi sich von uns verabschiedete und sich auf in Richtung Dolomiten machte.
Der Rest von uns folgte der geplanten Route ein Stück der Donau entlang, bei Schleiferberg bogen wir ab in nördöstliche Richtung. Hinter Hauzenberg führte uns eine tolle Strecke den Berg hinauf mit teilweisem Blick auf den benachbarten 947m hohen Oberfrauenwald. Ein kurzes Stück weiter hinter Waldkirchen fanden wir weiteres, schönes Kurvengeläuf, welches uns in einem Bogen um Freyung herumführte. Wir passierten die Wildbachklamm Buchberger Leite und das Keltendorf Gabreta. Aber zum Hiking oder Sightseeing waren wir ja nicht da, sondern auf Kurvensuche. Irgendwo hinter Grafenau fuhren wir dann in den Nationalpark Bayrischer Wald ein. Es sollte eine malerische Strecke durch den Wald folgen, wirklich was für Genießer: kaum Verkehr in wunderschöner Natur.
Zwiesel passierten wir östlich und weiter ging es zum Großen Arber. Hier am Arbersee machten wir Kaffeepause und entdeckten die Vorserienversion der Husqvarna 901 Norden auf Erprobungsfahrt. Der Große Arber ist mit 1.455m der höchste Berg des Böhmerwaldes bzw. Bayerischen Waldes und von Niederbayern. Er ist zudem der höchste Berg Bayerns außerhalb der Alpen und nach dem Feldberg der zweithöchste Berg Deutschlands außerhalb der Alpen. Daher wird der im niederbayerischen Landkreis Regen und im oberpfälzischen Landkreis Cham gelegene Berg als „König des Bayerischen Waldes“ bezeichnet. Der Arbersee liegt auf 935m und ist ein beliebtes Ausflugsziel, ein schöner, zwei Kilometer langer Wanderweg führt um den See herum und auf der Terrasse des Gasthauses lässt sich gut Pause machen.
Nicht nur Wanderer und Wintersportler haben hier eine gute Zeit, auch als Motorradfahrer kann man es ganz gut aushalten. Einige Kilometer weiter auf Höhe von Neukirchen beim Heiligen Blut passierten wir dann die Grenze nach Tschechien.
Hier ging es auf kleinen und kleinsten Strässchen durch Wälder und Wiesen, unterbrochen durch den einen oder anderen Halt um einfach mal die schöne Landschaft um einen herum zu bewundern. Egal ob ich nach Polen oder in diesem Fall nach Tschechien fahre, es fühlt sich für mich gleich ganz weit weg an. Ob es nur an den anderen Strassenschildern und putzigen Ortsnamen liegt? Ich kann’s Euch nicht sagen. Ich geniesse es aber immer wieder aufs Neue. Vielleicht ist das auch der Grund, warum sich Motorradtouren immer viel länger anfühlen, als man tatsächlich weg war.
Wenn ich Touren plane, müssen meine Mitfahrer damit rechnen, dass wir früher oder später irgendwo im Wald stehen. Das sollte auch hier der Fall sein. Bei der Planung nehme ich gerne die kleineren, unbefahreneren Strassen und das führt dann ab uns zu mal dazu, dass man am A**** der Heide landet. Auch heute nahmen es meine Mitfahrer mit Humor, als wir Wege befuhren, die für Enduros problemlos zu nehmen waren, aber für sportliche Naked Bikes nicht zwangsläufig erste Wahl waren.
So wurde das Gehölz bei der nächsten Pause gleich mal wieder zum Fotografieren genutzt: „Alex, fahr da mal in den Wald rein, dreh um und komm‘ wieder rausgefahren, wir fotografieren das dann!“ Na gut.
Irgendwo auf einer Tankstelle bei Böhmisch Kubitzen trennte sich dann unsere Gruppe. Carina, Nico und Stephan mussten am Sonntagabend wieder in München sein und drehten hier Richtung Westen ab. Thomas und mich zog es weiter Richtung Norden, unser Tagesziel war Bad Lobenstein. Es war schon um 13:30 und wir hatten noch über 200 Kilometer unserer über 400 Kilometer langen Tagestour vor uns. Entsprechend zügig liessen wir es angehen – natürlich innerhalb polnischer Tempolimits. Die Landschaft um uns rum war bezaubernd, die Sonne schien und wir hatten furchtbar gute Laune.
Thomas übernahm zwischendrin die Führungsarbeit, so konnte ich ihn auch mal auf die Kamera bekommen. Bei Bärnau verliessen wir die Tschechei wieder Unsere sehr späte Mittagspause machten wir gegen 16:30 am Feisnitz-Stausee auf der Höhe von Marktredwitz. Nach Kuchen war uns nicht, die Bedienung legte ein gutes Wort beim Koch ein, sodass wir schon von der Pizzakarte bestellen konnten.
Derlei gestärkt nahmen wir die letzten Kilometer bis zum Tagesziel unter die Räder. Wieder enttäuschte uns das Fichtelgebirge nicht, wir erwischten auch wieder ein schönes Stück der Frankenhochwaldstrasse bis wir zwischen Höllental und Blankenberg die ehemalige Zonengrenze passierten und kurz darauf im Gasthof Zum Alten Schulmeister in Rosenthal am Rennsteig unser Tagesziel erreichten. Die Küche hatte zwar Sonntags geschlossen, aber zu ein, zwei Stiefelbierchen sollte es noch reichen, bevor wir müde und glücklich ins Bett sanken. Für den nächsten Morgen war schliesslich ein noch früherer Start angesagt. Doch dazu im nächsten Post mehr.
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