Livorno – Bastia – Furani

Heute begann der Tag sehr früh – obwohl es gar nicht schlimm war, denn so richtig gut geschlafen habe ich leider nicht. Im Hotelzimmer war es warm und bei geöffnetem Fenster leider relativ laut. Schnell ein italienisches Frühstück, Mopped satteln und auf zur Fähre. Nach dem Einchecken galt es noch ca. ½ Std. zu warten und dann war „Boarding“. Relativ schnell war das Mopped gesichert (eigener Spanngurt erschien mir sicherer als das dünne Seil der Fähre).

Da ruhiger Seegang vorausgesagt war gab es sogar einige Moppeds, die gar nicht angebunden wurden und einfach frei auf dem Ladedeck standen. Tankrucksack abgeschnallt und rauf aufs Sonnendecke und gespannt meiner ersten Fährfahrt entgegen gefiebert. So sehr „uffjerescht“, dass ich die Sonnencreme ganz vergessen hatte. Das Ergebnis der 4 Stunden Sonnenschein auf dem Meer habe ich dann nachmittags gesehen, als ich den Helm abgesetzt habe – ’ne ganz rote Molle. Die 4 Stunden Überfahrt vergingen ganz entspannt. Zwischendurch war es mal etwas unheimlich, als plötzlich die Sonne weg war und wir in dichtem Nebel fuhren. Und sofort musste ich an meine Kindheit denken, als ich heimlich spät abends den Film „The Fog – Nebel des Grauens“ geschaut habe.

Während der Fährüberfahrt habe ich die Tour für heute ins Navi geklopft und nach dem Anlegen ging es gleich los bei gemütlichen 23 Grad, Sonnenschein und einer leichten Brise. Raus aus der Stadt und gleich in die Berge auf der D31 Richtung San Martino. Unfassbar, dieser Duft. Alles blüht und durftet toll. Bei Miomio ging es wieder auf die Küstenstraße und mir kamen die Tränen – gestern am Festland noch durch die Frühjahrs-Pollenallergie und jetzt vor Schönheit der Landstraße und vor allem der Kurven. Eine reiht sich an die nächste und alle lassen sich gemütlich aber zügig fahren – keine Heizerei von 180 Grad-Kurve zur nächsten wie in den Alpen.

Nach jeder Kurve ein neues tolles Bild von der Küstenlandschaft und ich hätte permanent fotografieren können – überwältigend. In Macinaggio war dann Schluss und es ging auf die andere Seite der Nordspitze von Korsika. Cap Corso habe ich mir in Anbetracht der Uhrzeit gespart und wieder den Weg südwärts gewählt. Das Kurveneldorado ging weiter bis es links weg „in die Berge“ Richtung Pino ging. Dort bin auf der Höhenstraße ganz alleine der Küste gefolgt – einspurige Straße, traumhafter Bilck und ebenfalls super geteert und keine Menschenseele auf 4 Rädern. Über Conchigliu und Canari bis Abro und wieder auf die Küstenstraße Richtung Patrimonio über den 536 m hohe Col de Teghime nach Bastia und zu meinem Zielort Furiani direkt neben der Bauerei Pietra im Hotel Residence Lido Marana. Liegt etwas abseits, aber super sauber und alles neu eingerichtet und einen beheizten Pool auf dem Dach. In der Nähe gibt es einen Supermarkt, in dem ich für das heutige Abendessen eingekauft und auf dem Balkon verspeist habe, da ich keine Lust hatte heute noch aufs Mopped und in die Stadt nach Bastia zu fahren. Ich freue mich schon auf morgen und die Fortsetzung der schier endlosen Kurven Korsikas.

Furani – Calvi oder 5. und 6. Gang zu verschenken

Im Gegensatz zu gestern bin ich heute später in den Tag gestartet. Kaffee und süße Brötchen mit Marmelade gab es direkt im Apartment und nebenbei hab ich das Geraffel gepackt und dabei festgestellt, dass ich – soweit man das nach dem 4. Tag sagen kann – wohl doch etwas viele Klamotten eingepackt habe. Sei es drum, das Zeug wird jetzt mitgeschleift. In wenigen Minuten war das Mopped gepackt und der Startpunkt war Furani. Bis Figareto ging es über die Schnellstraße an der Küste entlang, bevor wieder das – geplante – Kurvenfieber ausbrach.

Nach rechts weg in die Berge über kleinste Straßen nach Sta-Lucia di Moriani und weiter über San Nicolao bis Cervione und dort auf die D71 Richtung Ortale und weiter nach Tarrano. Ab jetzt lernte ich – glaube ich – Korsika richtig kennen. Straßen wie Überraschungseier: Hinter jeder 7. Kurve eine Überraschung: Kühe, Ziegen, Schweine oder die Hinterlassenschaften dieser drei typischen korsischen Tierarten. Ich glaube mein Mopped müffelt auch so langsam danach. Als Überraschungsalternative auch gerne mal etwas Geröll vom Steinschlag oder Bauarbeiten aufgrund diverser vorheriger Naturereignisse. Ebenfalls lernte ich eine traurige Seite Korsikas kennen – die Waldbrände. Mal nur schmale Streifen und dann wieder fast ein komplettes Tal bis hoch auf die Hügelkämme abgebrannt und nur noch verkohlte Baum- und Buschleichen.

Den 5. und 6. Gang hätte ich heute getrost verschenken können, denn auf den schmalen und kurvig-engen Straßen braucht es maximal den 4. Gang, schneller geht (für mich) nicht. Kurz nach dem Col de Prato (985m) vor Morosaglia habe ich dann eine Pause eingelegt mit einem super Fernblick auf die schneebedeckten Berge in der Ferne. Dabei gilt es immer hinzuschauen, wohin man den Fuß beim Absteigen stellt – so eine Sch….. Und dass dies auch für andere Untergründe gilt, musste ich ca. 20 Minuten später erneut feststellen – aber dazu gleich.

Als ich dann so den Blick in die Ferne schweifen lasse wird mir plötzlich die Stille bewusst. Nur Vogelzwitschern und der Wind. Traumhaft. Da wird mir auch bewusst, wie gut es mir doch geht und ich dem lieben Gott (und auch meiner Familie und meinem Arbeitgeber) dankbar sein darf, so etwas erleben zu dürfen. Mit einer kleinen Träne im Augenwinkel (die Familie fehlt schon sehr) geht es dann weiter nach Ponte-Leccia, von wo aus ich einen Abstecher zur Ponte Nuovo (einem Wahrzeichen für Korsika) machen möchte. Und hier dann Teil 2 mit dem „Fuß abstellen“: An der Kreuzung war es leicht rechts abschüssig und ich wollte gerade losfahren, als ein Auto von links kam und ich mich spontan entschieden habe, dieses erst noch abzuwarten. Also den Fuß wieder runter …. aber leider ging es weiter runter als gedacht, der Lenker war auch schon zu stark zum Abbiegen eingeschlagen und dann Rollsplitt unter der Fußsohle … und jeder kann sich jetzt denken was kommt: Wie in Zeitlupe habe ich gemerkt, dass ich das Mopped nicht mehr halten kann und so blieb mir nichts anderes übrig, als es ganz langsam auf die rechte Seite zu legen – Sch… Teil 2 heute. Schnell hielten zwei Autos an und die beiden Korsen halfen mir die Fuhre wieder auf die Räder zu stellen. Zum Glück außer ein paar Gebrauchsspuren an Ventildeckel und Koffer nichts passiert.

Also drauf auf die Maschine, gestartet und weiter geht’s zu Ponte Nuovo. Dort habe ich dann erst mal eine Stärkung zu mir genommen. Anschließend ging es zurück bis Ponte Leccia und in Richtung und direkt den zweiten Abstecher ins Valle d’Asco gemacht. Zunächst dachte ich, dass es ein Fehler sei, denn die Straße war recht gerade, aber nach wenigen Kilometern ging es wieder kurvig zur Sache inmitten einer traumhaften Bergkulisse und einem rauhen Fluss. Das Tal bis zum Ende zu fahren habe ich mir aus Zeitgründen allerdings gespart und auf der Hälfte in Asco umgedreht – es hat sich aber auf alle Fälle gelohnt bei der tollen Landschaft und den – wie fast üblich – gut ausgebauten Straßen.

Nach wenigen Kilometern bin ich dann links abgebogen auf die T301 und entlang des Flusses Navaccia entlang der Bahnlinie durch das Tal gewedelt und dann stetig bis rauf zum Col de Colombano mit einem grandiosen Weitblick bis ans Meer. Talwärts ging es bis kurz vor Palasca und wieder links ab nach Olmi-Cappella. Zunächst habe ich aufgrund der sehr schlechten Straße (ein holpriger Flickenteppich sondergleichen) gedacht, dass es ein Fehler war, wurde dann aber nach wenigen Kilometern mit einer gut ausgebauten Straße entlang dem Höhenkamm belohnt. In Speloncato dann noch kurz für einen Cafe au Lait eine Rast eingelegt, bevor es zum Endspurt nach Calvi genüssliches Kurvenwedeln auf der D71 gab.

Insgesamt ein abwechslungsreicher Tag mit 249 erlebnisreichen Kilometern und vielen bleibenden Eindrücken, den ich mit einem Sprung in den Pool beendet habe. Abends dann in die Altstadt, lecker korsisch Essen bei einem kühlen Pietra und die Eindrücke des Tages so noch einmal mit anderen Sinnen abgeschlossen. Morgen geht es dann nach Porto.

Calvi – Porto (Ota) – Kurvenswinging mit einem “neuen Motorrad”

Den Tag habe ich heute ganz gelassen angegangen. Nach dem Frühstück gemütlich das Mopped gepackt und das erste Zwischenziel in Navi eingegeben – das Hotel Corsica in Porto (Ota). Los gings um 8:00 Uhr bei angenehmen 16 Grad in Calvi entlang der Küste. Kurz hinter dem Ortsschild sah ich eine Hinweisschild „Capelle ND de la Serra“ – das hat mich neugierig gemacht und so habe ich den kleinen Abstecher gemacht, der sich wirklich gelohnt hat mit einem sehr schönen Blick über Calvi am Morgen.

Auf der Küstenstraße ging es über Argentella in Richtung Süden. Jeden Tag lerne ich eine neue Landschaft von Korsika kennen. – so heute früh die schroffe Felslandschaft der Nordwest-Küste. Leider habe ich auch wieder eine neue Straßenform kennengelernt, denn schon nach der Hälfte der Strecke wurde aus der rauen Teerdecke ein geteerter Flickenteppich, der sich nach einiger Zeit in eine „Wellblechstrecke“ änderte – die Fahrt fühlte sich an, als ob man über Wellblech fährt, was den Fahrgenuss etwas trübte. Die Strecke über Suare auf der D81 wäre bestimmt die bessere Alternative gewesen – aber was solls. Mit der Überquerung der Brücke über den Fluss Fango wurde es aber schlagartig wieder zu einer Traumstrecke gen Süden.

Die Auffahrt zum Col de Palmarella war wieder einmal Kurvenswinging pur, entlockte ein breites Grinsen unter dem Helm und wurde dann oben auf dem Col mit einem phantastischen Blick auf die Küstenlandschaft und das tiefblaue Meer gekrönt. Weiter ging es über Osani und Partinello. Kurz hinter Serriera hatte ich mir den Tipp von Dirk Bossdorf notiert und wurde mehr als belohnt: Wie perfekt beschrieben in der Außenkurve etwas versteckt hinter den Büschen eine kleine schattige Aussichtsplattform mit einem grandiosen Blick für die Rast. Für alle die dort vorbeikommen und nichts für ein Picknick dabei haben: ggü. gibt es einen Imbisswagen, wo ich mir eine leckere Portion Pommes geholt und bei einem fabelhaften Meerblick ein frühes Mittagessen hatte.

Weiter ging es nach Porto, wo ich kurz im Hotel angehalten und mein komplettes Geraffel im Zimmer verstaut habe. Anschließend ging es dann um 12:00 Uhr los Richtung Corte auf der D84 mit einem „neuen Motorrad“ – leicht und flüssig ließen sich die Kurven ohne das viele Gepäck genießen. Aber immer aufpassen, denn am Wegesrand sonnen sich die vierbeinigen korsischen Ureinwohner und laufen gerne mal unvorhergesehen über die Straße zu ihren Artgenossen. Bis zum Col de Vergia war die Straße super ausgebaut. Die Fahrt runter auf das Hochplateau wurde ergänzt um neue Überraschungseier auf den Straßen Korsikas: Entweder Zapfen des dichten Nadelwaldes oder aber „metertiefe“ Schlaglöcher – also immer „Augen auf im Straßenverkehr“.

Vor dem See habe ich einen Schlenker rechts nach Casamaccioli gemacht – eines der höchstgelegensten Dörfer in Korsika. Dort ein paar holländische GSler getroffen und einen kurzen Erfahrungsaustausch gehabt. Die Abfahrt bis Castirla entlang des Flusses Golo entpuppte sich dann als wild-romantisch mit einer Kurve an der anderen – manchmal mit einem leicht mulmigen Gefühl, da die Straße nicht soo breit war und es doch ganz schön tief abwärts ging.

Von Castirla waren es dann nur noch wenige Kilometer bin nach Corte, der heimlichen Hauptstadt Korsikas. Eigentlich wollte ich die Stadt besichtigen, aber 32 Grad Lufttemperatur und Motorradklamotten vertragen sich irgendwie nicht so ganz und ich habe mich nach einer kurze Stepvisite am Denkmal von Pascal Paoli wieder auf den Rückweg gemacht und dabei die Kuh etwas fliegen lassen – ein Genuss. In Albertacce gab es noch einen Nachmittagskaffee, bevor es wieder „abwärts“ bis Porto ging, um nach 253 km im Sattel den Sonnenuntergang zu genießen.

Das Zimmer im Hotel Corsica ist traumhaft: Im Hintergrund rauscht der Fluss, die Frösche quaken, Fledermäuse fliegen vor dem Balkon vorbei und im direkten Blick den altern Wehrturm von Porto, der abwechselnd in verschieden Farben angeleuchtet wird. Darüber strahlt ein Stern sehr hell – gute Nacht.