Motorradblog über Benzinkultur, Motorradtouren und Custombikes

KRCC VLOG 6/2017: die Honda MSX125 im Hauptstadt-Test

Bereits im Studium im oberschwäbischen Ravensburg wurde ich im Wintersemester des öfteren von den Kommilitonen belächelt. Es war ein beliebtes Ratespiel, herauszufinden, wie viele Lagen Klamotten der Hauser anhatte, nachdem er sich mit seiner Vespa V50N Spezial bei zapfigen Temperaturen und Schneetreiben bis zum Vorlesungsgebäude gekämpft hatte.

Damals war das eher aus der Not geboren. Für ein Auto hatte ich noch keine Kohle, für den oberschwäbischen Busverkehr hatte ich nicht die Geduld. Heute lebe ich in Berlin mit einer deutlich höheren ÖPNV-Dichte, aber die Vorliebe für den einspurigen, benzingetriebenen Individualverkehr ist geblieben. Bei gutem Wetter tummeln sich viele andere mit mir auf Berlins Strassen, vor allem die Elektro-Mietroller haben gut Konjunktur. Im Herbst und im Winter dünnt sich das Feld dann deutlich aus.

Nur bei den widerlichsten Wetterumständen findet ihr mich an Bord einer überfüllten und überhitzten Tram M4 wieder. Lieber ziehe ich mir nach wie vor 10 Klamottenschichten an und fahren mit meiner Vespa 300 GTS Super ins Büro. Auch bei Minus 10 Grad. So sind in den letzten vier Jahren 20.000 Kilometer Laufleistung auf der Maschine zusammengekommen.

Aber im letzten Monat hatte die Vespa zwei Wochen Pause. Denn Honda Deutschland hatte mir in der Zeit eine MSX 125 zur Verfügung gestellt, die als daily Driver zum Einsatz kam. Nach der ersten, Begeisterung auslösenden Bekanntschaft mit der MSX auf dem Honda Pressetag im Mai war es an der Zeit, unsere Beziehung zu vertiefen.


Auf meine 300er Vespa fehlen ihr 12 PS Leistung, aber sie trägt auch 50 kg weniger mit sich herum. In Radstand und Fahrzeuglänge ist sie ihr fast ebenbürtig, allerdings ist sie niedriger und deutlich schlanker. Auch wenn es optisch eher nach „Affe auf dem Schleifstein“ aussieht, wenn ich auf der kleinen Maschine sitze ist es durchaus kommod. Nicht nur auf der Fahrt ins Büro, sondern auf bei der kleinen Feierabendtour ins Umland. Von der Ergonomie passt alles, der Knieschluss am Tank sowie die Position der Fussrasten und die Lenkerarmaturen. Letztere geben einem keine Rätsel auf, denn so viel Funktionen gilt es ja nicht zu bedienen. Bremse, Kupplung, Blinker, Fernlicht, Starter, Aus-Schalter, fertig.

Einmal angeworfen klingt es fröhlich grummelnd aus dem Endtopf, die MSX meldet Einsatzbereitschaft. Schnell steppt man sich durch das Vierganggetriebe. Auch wenn die MSX gut von unten raus antritt, will man zügig unterwegs sein, bleibt einem etwas Schaltarbeit nicht erspart. Das Vierganggetriebe macht es einem aber sehr einfach, schaltet präzise und direkt. Alleine das Auffinden des Leerlaufs ist manchmal nicht ganz eindeutig, aber das ist bei anderen Motorrädern gerne auch mal so.
Die 10 PS und 11 Nm Drehmoment reissen keine Bäume aus, aber das Maschinchen tritt von der Ampel aus gut an und man schwimmt sehr kommod im Stadtverkehr mit. Kleine Überholmanöver schüttelt sie locker aus dem Ärmel. Zu übermütig sollte man auf der Stadtautobahn aber nicht werden, denn über 75 km/h wird die Luft etwas dünn. Bei 92 km/h kommt die MSX an ihre Grenzen, knapp über 100 km/h zeigt dann der Tacho an. Eine kleine Landstrassenpartie ist auf der MSX aber immer drin, wenn man nicht zu den schnellsten gehören muss oder will.

Das überraschendste an der MSX ist, wie das Umfeld auf sie reagiert. Auf kein anderes Zweirad wurde ich so oft angesprochen wie auf die Honda. Menschen lächeln dich aus dem Auto an, kucken oder winken an der Ampel. Bewusst habe ich auch die Begegnung mit anderen Motorradfahrergruppen gesucht, von der Brandenburger Streetfighter-Gang bis hin zu meinen Alteisentreibern der Berlin Café Racers. Statt mit meiner 77er Honda CJ 250 T tauchte ich mit der MSX auf einer unserer Ausfahrten an und selbst der hartgesottenste Guzzi- oder BSA-Fahrer war einen interessierten Blick auf das kleine Maschinchen. Eine ähnliche, interessengruppenübergreifende Zuneigung erfahre ich sonst nur, wenn ich mit meinem Hundewelpen Gassi gehe.

Abgesehen von der geringeren Leistung hat die MSX 125 eigentlich nur zwei Nachteile: die Transportkapazitäten – sei es Gepäck oder Sozius – sind deutlich eingeschränkter. Und mangels Beinschild ist der Wetterschutz natürlich nicht so prall. Aber das ist bei jedem anderen Motorrad auch so.

Mit einem Preis von 3.300 € ab Werk ist die Honda fast um 2.000 € günstiger als eine leistungsmässig vergleichbare Vespa GTS Super 125. Wer also auf Zuladunsgmöglichkeiten und trockenes Schuhwerk verzichten kann, aber garantierten Fahrspaß und positive Vibes haben will, der kann eigentlich nur eine MSX 125 kaufen. Und die gesparten 2.000 € lassen sich bestens in phantasievolle Umbauten stecken, ein paar lustige Anregungen finden sich dazu überall im Internetz.

Technische Daten

Max. Leistung 7,2 kW (9,8 PS) bei 7.000 U/min.
Max. Drehmoment 11 Nm bei 5.250 U/min.
Vierganggetriebe
Höchstgeschwindigkeit 92 km/h
Gewicht vollgetankt 105 kg
UVP ab Werk: 3.300 €

Die Honda MSX 125 wurde mir freundlicherweise von Honda Deutschland zur Verfügung gestellt.

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2 Kommentare

  1. Max

    Will ich unbedingt auch mal fahren. Vielleicht bekomme ich den Knirps ja als Leihe während der Durchsicht, würde mir ja schon mal reichen.
    Der RJ fährt u.A. sowas auch um und durch London, klanglich etwas aufgepeppt, ist der auch meist recht flott unterwegs damit. Macht Spaß zuzusehen.

  2. Moppeds mit kleinen Rädern werden irgendwie von allen geliebt, So geht es auch der Fahrerin der 125er China-Dax namens Coco. https://jms1234ride.wordpress.com/2017/07/11/stadtgesprach/

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