Motorradblog über Benzinkultur, Motorradtouren und Custombikes

Das Recht des Stärkeren auf deutschen Strassen

Vielleicht ist es müßig, sich mit dem Thema zu beschäftigen, geschweige denn sich darüber aufzuregen. Ja, Menschen sind verschieden und haben auch mal einen schlechten Tag oder sind übellaunig. Das per se ist ja noch nicht zu verurteilen, aber wenn diese Menschen ihre schlechte Laune mit auf den Weg nehmen ins Auto auf den Weg zur Arbeit, kann das schon komische Formen annehmen.

Als Zweirad-Berufspendler und Ganzjahresfahrer kann man ich täglich sehr irritierende Verhaltensweisen beobachten. Ein Kind von Traurigkeit bin ich auch nicht: wenn mal die Linksabbiegerspur frei ist, fahre ich auch nach vorne, um mich an der Ampel wieder einzufädeln. Und wenn im Tunnel unterm Berliner Alexanderplatz wieder mal Stau ist, fahre ich in der Mittelgasse nach vorne, wenn sie frei ist. Das alles stets im Bewusstsein, daß ich im Falle eines Falles der schwächere Verkehrsteilnehmer ohne Knautschzone bin.

Und ihr kennt die Genossen Oberlehrer auch, die beim „lane splitting“ kurz vor deinem Vorderrad die Mittelspur zu machen. Nur um dir zu zeigen, daß du eine Ordnungswidrigkeit begehst (danke, weiss ich selber) und ihre Frust an dir abreagieren wollen. Erstes Gebot: nicht provozieren lassen und immer die Hand am Bremshebel.

Noch gefährlicher allerdings – auch für andere Autofahrer – sind die Kollegen, die bei zähfliessendem Verkehr oder kurz vor Stauende zum Gewinn einer Wagenlänge kurz auf die andere Fahrspur zucken. Natürlich ohne in den Seitenspiegel zu kucken oder zu blinken. Neulich wäre ich fast auf einen Autofahrer aufgefahren, der hart in die Eisen gehen musste, weil vor ihm ein ebensolcher Idiot ein solches Kamikazemanöver vollführte.

In solchen Momenten denke ich mir immer, daß ich eigentlich auf dem überlegenen Verkehrsmittel unterwegs bin. Es braucht weniger Platz, ist flexibler, macht Spaß und der oder die Fahrer/in ist im Zweifelsfall entspannter als alle urbanen Sardinendosenfahrer.

In Deutschland fahren 65 Prozent der Pendler fahren mit dem Auto, im weltweiten Durchschnitt dauert der Arbeitsweg 25 Minuten. Auf meinem Arbeitsweg bedeuten 25 Minuten im Auto im Berufsverkehr eine Distanz von 4-5 Kilometern zurückgelegt zu haben. Auf dem Fahrrad bin ich in 20 Minuten bereits im Büro, auf dem Roller oder Motorrad dauert es gerade mal 12-15 Minuten.

Der Stärkere darf gerne in seiner Blechkiste im Stau stehen, ich fahre gerne weiterhin Zweirad. In der Hoffnung, daß mich die Stärkeren einfach in Ruhe lassen.

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  1. Volle Zustimmung. Das Auto taugt nicht für urbane Mobilität. Von der Zeit im Stau mal abgesehen, sucht man am Ende auch immer noch einen Vollformatparkplatz. Die Hoffnung, dass mich die Stärkeren in Ruhe lassen, habe ich allerdings nur begrenzt. Mit der Dummheit oder auch Böswilligkeit der anderen zu rechnen ist auf einem Zweirad schon gesund.

  2. Das alles sind Feststellungen, die wirklich jeder vielfahrenden Kradler nachvollziehen kann. Hass auf den Chef, die Olle, verdientermaßen auch sich selbst, das alles landet auf der Straße, wo der Schwächere dann gerne mal als Ventil herhalten darf – ein sehr deutscher Habitus. Dazu hatte ich vor einer Weile auch mal ein paar Worte verloren: http://abgeschweift.de/2013/12/09/louis-der-ludenschreck/ (Unterschiede)

  3. @Alexander: Stimmt, Deinen Artikel hatte ich auch gelesen, hatte ihn vergessen hier zu verlinken. Kann Dir auch nur beipflichten!

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